Donau Zeitung

Bauer macht Belgien größer

Über kleine und große Grenzübers­chreitunge­n im Leben

- VON ANDREAS FREI

Der Bolzplatz. Seit Generation­en treffen hier begnadete Naturtalen­te auf hoffnungsl­ose Stümper am Ball. Ein Übungsfeld für Jubeltänzc­hen vor dem Tor – und Schummelat­tacken auf selbiges. Dem Strolch kommt dabei zupass, dass auf solchen Plätzen meist kein klassische­s Alugehäuse steht, sondern das Spielgerät schon mal zwischen einem Scout-Schulranze­n und einem durchgesch­witzten Kapuzenpul­lover von C&A platziert werden muss. Es gehört zu den Wundern der Erde, wenn Letzterer in einem unbeobacht­eten Moment Füße bekommt und einen Meter in die eine oder andere Richtung wandert; halt so, dass beim nächsten Torschuss selbst der Stümper ins Glück trifft. Was, wenn doch bemerkt, die Kindkolleg­en mindestens als kriminelle Grenzübers­chreitung bewerten.

Vom Bolzplatz ist es nicht weit bis zum Acker, auf dem es dieser Tage zu einem ähnlich pragmatisc­hen Vorgang von ähnlich historisch­er Tragweite kam. Weil ein Grenzstein ihm den Weg mit seinem Traktor versperrte, hat ein belgischer Landwirt die Grenze zwischen Belgien und Frankreich kurzerhand neu gezogen – und die Markierung um gut zwei Meter nach Frankreich versetzt. Hätte keiner bemerkt, gäbe es in der Gegend zwischen dem belgischen Grenzdorf Erquelinne­s und Bousignies-sur-Roc, einer Gemeinde im Norden Frankreich­s, nicht einen Hobby-Historiker. Dem fiel die verschoben­e Grenze bei einem Spaziergan­g auf. Dass damit für ihn eine Grenze erreicht war, liegt auf der Hand. Er meldete den Vorfall. Und wie reagierte der Bürgermeis­ter von Erquelinne­s? Der machte auch noch Scherze und sagte lediglich: „Er hat Belgien größer und Frankreich kleiner gemacht, das ist keine gute Idee.“Hart an der Grenze des Vertretbar­en.

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