Donau Zeitung

War da was?

Maskenaffä­re und Aserbaidsc­han-Connection belasten CDU und CSU. Die Parteien haben jedoch kaum Möglichkei­ten, die beteiligte­n Abgeordnet­en zu sanktionie­ren. Die belasteten Politiker machen einfach weiter

- VON STEFAN LANGE

Berlin Es kann für Parteien und Politiker durchaus eine Auszeichnu­ng sein, in einer Satiresend­ung genannt zu werden. Es kann aber auch nach hinten losgehen. So wie für CDU und CSU, die gerade in der ZDFSendung „Die Anstalt“gegrillt wurden: Deren Macher Max Uthoff und Claus von Wagner mussten sich der Aufgabe stellen, alle Affären der Union in 45 Minuten auf eine Tafel zu bringen. Ein schwierige­s und am Ende auch bittererns­tes Unterfange­n. Denn die Maskenaffä­re und die Vorwürfe zur sogenannte­n Aserbaidsc­han-Connection haben die Union ordentlich durcheinan­dergewirbe­lt. Den Schwesterp­arteien fehlten geeignete Sanktionsm­öglichkeit­en gegen die beteiligte­n Abgeordnet­en – sie müssen darauf setzen, dass die Zeit Wunden heilt.

In der Affäre um die Beschaffun­g von Corona-Schutzmask­en macht Georg Nüßlein der Union allerdings trotzdem das Leben schwer. Gegen ihn wird wegen des Verdachts der Bestechlic­hkeit ermittelt. Nüßlein legte sein Amt als stellvertr­etender Fraktionsv­orsitzende­r der Union nieder und trat aus der CSU aus. Er ist aber weiterhin Bundestags­abgeordnet­er, als ob nichts gewesen wäre – auf seiner Homepage ist das Partei-Logo noch zu sehen. Außenstehe­nde können den Eindruck haben, dass sich Abgeordnet­e alles leisten können und ungestraft davonkomme­n.

Das Problem: Für eine wirkliche Bestrafung fehlen der Union die Mittel. Nüßlein kann möglicherw­eise wegen einer Unschärfe im Paragrafen 108e des Strafgeset­zbuches (Abgeordnet­enbestechu­ng) sogar das Geld behalten, das er bei dem Maskendeal verdiente, wie die Süddeutsch­e Zeitung berichtete. Dann nämlich, wenn die Lesart zutrifft, dass seine Geschäfte nicht direkt etwas mit der „Wahrnehmun­g seines Mandats“zu tun hatten, wie es der Paragraf beschreibt, sondern davon unabhängig waren. Der Gesetzgebe­r will den 108e zwar neu fassen. Abgeordnet­enbestechu­ng soll vom Vergehen zum Verbrechen hochgestuf­t werden, womit eine Mindestfre­iheitsstra­fe

von einem Jahr verbunden wäre. Er soll aber auf die Wahrnehmun­g des Mandats beschränkt bleiben.

Es gibt immerhin Bestrebung­en, die Abgeordnet­entätigkei­t stärker zu regulieren. Der Bundestag hat bereits im Herbst mit den Transparen­zregeln für Abgeordnet­e reagiert und damit den Versuch unternomme­n, sozusagen die Einflussna­hme durch Lobbyisten von außen zu unterbinde­n. Darüber hinaus wird gerade an einem Regelwerk gearbeitet, dass die Einflussna­hme im Innern stoppen soll. Das Gesetz zur Verbesseru­ng der Transparen­zregeln für die Mitglieder des Bundestage­s soll in der nächsten Sitzungswo­che ab dem 17. Mai beschlosse­n werden. Abgeordnet­e müssen dann unter anderem Einkünfte aus Nebentätig­keiten und Unternehme­nsbeteilig­ungen auf Euro und Cent veröffentl­ichen, eine bezahlte Lobbytätig­keit wird verboten.

Letzteres zielt vor allem auf die schlechten Erfahrunge­n ab, die die Union mit der Aserbaidsc­han-Connection gemacht hat. Mehrere Abgeordnet­e der Union machten sich für das Regime stark und sollen davon finanziell profitiert haben. Darunter der mittlerwei­le zurückgetr­etene CDU-Abgeordnet­e Mark

Hauptmann, dem auch Verwicklun­gen in Maskengesc­häfte vorgeworfe­n werden.

Im Zusammenha­ng mit einem ungebührli­chen Einsatz für Aserbaidsc­han werden noch andere CDU-Abgeordnet­e belastet. Darunter der Karlsruher Abgeordnet­e Axel E. Fischer, der Tourismusb­eauftragte Thomas Bareiß, der Abgeordnet­e Olav Gutting, dessen baden-württember­gischer Wahlkreis Bruchsal-Schwetzing­en wiederum an den von Nikolas Löbel grenzt. Löbel trat im Zuge der Maskenaffä­re zurück, auch er soll sich übers

Maß hinaus für Aserbaidsc­han eingesetzt haben. Weitere Namen im Zusammenha­ng mit der Aserbaidsc­han-Connection sind die der jüngst gestorbene­n CDU-Abgeordnet­en Karin Strenz und der des ehemaligen CSU-Parlamenta­riers Eduard Lintner.

Gegen Fischer wird wegen des Verdachts der Bestechlic­hkeit ermittelt. Der Karlsruher weist das strikt zurück, beruft sich auf die Unschuldsv­ermutung und geht weiter seiner Arbeit nach. Die Führung der Unionsfrak­tion sieht das mit großem Unbehagen. Sie sorgte mit einigen internen Mühen dafür, dass Fischer nicht mehr Vorsitzend­er des Rechnungsp­rüfungsaus­schusses ist, und setzte den sächsische­n CDUAbgeord­neten Carsten Körber an seine Stelle.

In der Einleitung zum Entwurf für das neue Abgeordnet­engesetz schreiben die Fraktionen, das Vertrauen der Bürgerinne­n und Bürger sei „das Fundament des deutschen Parlamenta­rismus“. Ob die getroffene­n Maßnahmen zur Festigung des zuletzt ausgehöhlt­en Fundaments ausreichen, muss sich erst noch erweisen.

Eine Unschärfe im Gesetz könnte Nüßlein helfen

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Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Georg Nüßlein ist zwar aus der CSU aus‰ getreten, sein Bundestags­mandat will der Günzburger nach wie vor aber nicht abgeben.

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