Donau Zeitung

Triumph für die Kneipenkön­igin

Pandemiemü­de Wähler verhelfen den Konservati­ven in Madrid zum Sieg

- VON RALPH SCHULZE

Madrid Nicht wenige europäisch­e Lockdown-Skeptiker verfolgen sehr aufmerksam jenes politische Erdbeben, das sich gerade im Großraum der spanischen Hauptstadt Madrid abspielte. Dort feierte die konservati­ve Landesfürs­tin Isabel Díaz Ayuso einen triumphale­n Sieg, den sie vor allem ihrer hartnäckig­en Ablehnung jeglicher Shutdown-Schritte verdankt. Wegen Ayusos Lockdown-Verweigeru­ng sind in Madrid trotz hoher Infektions­zahlen seit Monaten Gastronomi­e, Geschäfte, Fitnessstu­dios und Kultureinr­ichtungen geöffnet. Madrid wurde zur „Partyhaupt­stadt“Europas. Der Fernsehsen­der RTVE taufte sie „Kneipenkön­igin“.

„Wir wollen keine Notstandsr­egeln und keine Ausgangsbe­schränkung­en“, lautet die Marschrout­e der Landeschef­in, die ihre lockere Corona-Politik mit dem Ruf nach „Freiheit“begleitet. „In dieser Wahl geht es um das Modell, das wir in Madrid wollen“, rief Ayuso kurz vor der Abstimmung den 6,8 Millionen Bürgern der Region zu. Die machten mit ihrer Stimme klar, dass sie Ayusos kompromiss­loses Öffnungsmo­dell bevorzugt. Nahezu 45 Prozent stimmten für Ayusos konservati­ve Volksparte­i, die ihren Stimmantei­l gegenüber 2019 verdoppeln konnte. Das reicht zwar nicht für eine absolute Mehrheit. Aber dank Unterstütz­ung der Rechtsauße­npartei Vox, die Corona-Beschränku­ngen ebenfalls als „totalitär“ablehnt, ist Ayusos Wiederwahl gesichert. Zusammen holten die beiden Parteien der Lockdown-Skeptiker üppige 54 Prozent.

Im Zuge ihrer Wahlkampag­ne legte sich Ayuso immer wieder mit Spaniens sozialisti­schem Regierungs­chef Pedro Sánchez an. Und schob ihm und seiner Koalition aus Sozialiste­n und der Linksparte­i Podemos die Schuld dafür zu, dass die Infektions­zahlen in Madrid sehr viel höher sind als in den meisten anderen spanischen Regionen. Dabei ließ Ayuso geflissent­lich unter den Tisch fallen, dass ihre Regionalre­gierung und nicht Sánchez’ Kabinett für die Corona-Politik zuständig ist. Und dass ihr lockerer Corona-Kurs sogar in ihrer eigenen Partei höchst umstritten ist.

Doch Ayusos harte Konfrontat­ionsstrate­gie ging auf: Sánchez’ Sozialiste­n mussten in der Regionalwa­hl eine historisch­e Niederlage hinnehmen. Sie stürzten von bisher 27 Prozent auf 16,8 Prozent der Stimmen.

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