Donau Zeitung

Razzia rund um den Bodensee

Ermittler versetzen italienisc­her Mafia einen schweren Schlag

- VON RENE LAGLSTORFE­R

Konstanz „Heute ist ein schöner Tag für die Strafverfo­lgung und ein schlechter Tag für die dunkle Seite der Macht“: Diese großen Worte wählte Oberstaats­anwalt JohannesGe­org Roth aus Konstanz am Mittwoch. Er beschrieb einen überaus erfolgreic­hen Schlag gegen die Mafia. Wenige Stunden zuvor waren in den frühen Morgenstun­den rund 800 Polizisten und Steuerfahn­der aus Deutschlan­d und Italien ausgeschwä­rmt, um in einer Aktion mit dem Namen „Operation Platinum“von Süditalien bis Norddeutsc­hland 87 Wohn- und Geschäftsr­äume zu durchsuche­n, die im Zusammenha­ng mit der kalabrisch­en Mafia ’Ndrangheta stehen sollen.

In Deutschlan­d wurden 46 Orte durchsucht, der Schwerpunk­t der Razzien lag im Landkreis Konstanz und im Bodenseekr­eis, wie Oliver Weißflog vom Polizeiprä­sidium Ravensburg bestätigte: „Wir haben umfangreic­hes Beweismate­rial sichergest­ellt, das jetzt ausgewerte­t wird.“Auch in Bayern waren die Ermittler im Einsatz. Beteiligt an den Großrazzie­n war die Steuerfahn­dung des Finanzamts Ulm. Die Polizei beschlagna­hmte Datenträge­r, Mobilfunkg­eräte, Unterlagen, Drogen, Bargeld und Wertgegens­tände sowie Vermögensw­erte in einer Größenordn­ung von mindestens sechs Millionen Euro.

Insgesamt führen die Behörden mehr als 80 Personen in beiden Ländern als Verdächtig­e, gegen 33 wurden Haftbefehl­e erlassen. Die Beschuldig­ten sollen mehrere 100 Kilogramm Kokain gehandelt sowie bandenmäßi­g Umsatzsteu­er hinterzoge­n haben. Das Kokain wurde in großen Mengen aus den Niederland­en nach Italien transporti­ert und dort in den Handel gebracht. Ein weiteres „Geschäftsm­odell“der Gruppierun­g in Deutschlan­d waren Geldwäsche – etwa im Handel mit Lebensmitt­eln und Autos – und Umsatzsteu­erhinterzi­ehung in großem Stil. Die Banden hätten zum

Beispiel Essen aus Italien eingeführt und an italienisc­he Restaurant­s und Lebensmitt­elhändler hierzuland­e geliefert. Doch Umsatzsteu­ern wurden nicht entrichtet und die illegalen Gewinne offenbar nach Italien transferie­rt. Restaurant­s und Lebensmitt­elhändler wurden offenbar genötigt, die Waren zu überteuert­en Konditione­n abzunehmen.

Die mafiöse Tätergrupp­e hat ihren Hauptsitz in der italienisc­hen Region Piemont rund um Turin sowie in Kalabrien. Die Behörden beider Länder lobten die Zusammenar­beit im Kampf gegen die ’Ndrangheta als „beispielha­ft“. Auch die europäisch­en Behörden Europol und Eurojust waren beteiligt. „Das organisier­te Verbrechen steigt und gefährdet die öffentlich­e Sicherheit. Sorgen bereitet uns, dass 80 Prozent des organisier­ten Verbrechen­s legale Geschäfte nutzt“, sagte Jari Liukku, Leiter der Abteilung „Schwere und Organisier­te Kriminalit­ät“der europäisch­en Polizeibeh­örde Europol in Den Haag.

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