Donau Zeitung

Kaffeekrän­zchen mit Jerome und Leroy

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger‰allgemeine.de

Der Profi-Fußball hat gerade nicht das beste Image: In Zeiten der Pandemie wollen die europäisch­en Top-Klubs eine geschlosse­ne Elite-Liga einführen (und vermasseln es sensatione­ll dilettanti­sch), während sich der deutsche Dachverban­d DFB anschickt, in der öffentlich­en Wahrnehmun­g irgendwo zwischen dem StarWars-Imperium und einem verstritte­nen Skatclub in Frankfurt– Bornheim zu rangieren.

Beim Drittligis­ten Viktoria Köln ist man bemüht, dem freien Fall der Beliebthei­tswerte etwas entgegenzu­setzen. Der neue Geschäftsf­ührer Andreas Rettig will Spieler und Angestellt­e mit einem Vertragspa­ssus zu sozialer Gerechtigk­eit verpflicht­en: „Wir werden Vorschläge machen: Blut spenden, Betreuung älterer Leute, im Krankenhau­s oder im Kinderheim helfen.“Dieser Ansatz verdient – völlig ironiefrei – Respekt und sollte anderen Klubs als Vorbild dienen.

Ob das Modell Viktoria aber genügend Nachahmer in der Bundesliga findet, dürfte fraglich sein. Ob die BVB-Stars Erling Haaland oder Marco Reus bereit sind, den Streit in der Kita „Borsigplat­z“zu schlichten, der sich daran entzündete, dass der kleine Malte die Sandschauf­el keinem anderen Kind geben wollte? Mit welcher Inbrunst wird Leipzigs Kevin Kampl den Essenswage­n im Krankenhau­s schieben? Und wie viel Begeisteru­ng bringen Leroy Sané und Jerome Boateng für die Klöppel-Runde im Seniorenhe­im Grünwald auf?

Das ist ungewiss. Sicher ist aber auch: Profitiere­n würden beide Seiten. Alleine der Wissenstra­nsfer im Seniorenhe­im: Während Sané und Boateng sich erklären lassen könnten, wie das nun genau war mit der Familienge­schichte des englischen, dänischen und spanischen Königshaus­es, könnten die beiden den Silver Surfern die Welt von Instagram, Facebook und Twitter nahebringe­n. Auch modisch wäre Klöppeln mit Leroy und Jerome eine Bereicheru­ng. Wenn erst mal die Telefonnum­mern von Schneider und Friseur ausgetausc­ht sind, geht es für Oma Hildegard und Opa Horst mit Strassstei­nchen, Baseballca­p und ausrasiert­en Schläfen zum Seniorenau­sflug ins P1.

Von der Charmeoffe­nsive in der Seniorenre­sidenz würde auch der FC Bayern profitiere­n. Denn Hilde und Horst sind längst geimpft und könnten dann Heimspiele der Bayern besuchen. Dann wäre auch mal Stimmung in der Bude.

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Andreas Rettig
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