Donau Zeitung

Der Abriss des alten Wertinger Lagerhause­s beginnt

Hundert Jahre lang hat das riesige Gebäude auf dem alten Bahnhofsge­lände das Stadtbild geprägt. Der Abbruch wird Wochen dauern, da es einiges zu beachten gilt. Was nun an dessen Stelle gebaut wird

- VON BENJAMIN REIF UND KONRAD FRIEDRICH

Wertingen/Holzheim In Wertingen verändert sich in diesen Tagen das Antlitz der Stadt. Gleich mehrere alte Gebäude, welche lange das Stadtbild geprägt haben, verschwind­en in diesen Tagen. Nach dem Abbruch des ehemaligen Glasergesc­häfts Seitz am Thürheimer Tor und des EiseleJock­shofes in der Bauerngass­e verschwind­et nun auch ein weiteres imposantes Gebäude am ehemaligen Wertinger Bahnhof. Der Abriss des alten Wertinger Lagerhausg­ebäudes hat begonnen. Früher waren dort im vorderen Teil ein Büro, ein Friseur und zuletzt ein Reinigungs­betrieb beherbergt. Die Abbrucharb­eiten werden sich laut Auskunft des Bezirkslag­erhauses Wertingen noch rund fünf Wochen hinziehen. Das Eternitdac­h wurde bereits abgetragen und wird jetzt entsorgt.

Schon in einer Sitzung des Bauausschu­sses im Oktober 2017 hatte das Bezirkslag­erhaus Wertingen den Abriss des alten Lagerhause­s angekündig­t, da dieses zu alt für eine Renovierun­g sei. In dieser Sitzung wurde heftig über die damaligen Pläne des Bezirkslag­erhauses diskutiert. Das Unternehme­n hatte zunächst vor, anstelle des Gebäudes drei mächtige Getreidesi­los zu bauen, die insgesamt etwa 28 Meter hoch gewesen wären.

Dieser Plan ist aber inzwischen verworfen. Auf dem Gelände entsteht, voraussich­tlich ab Ende August, eine neue Lagerhalle. Diese wird später ergänzt durch fünf Futtermitt­elsilos, die jeweils rund 15 Meter hoch sein werden, und eine leistungsf­ähige Getreidean­nahmevorri­chtung.

„Die Getreidean­nahme war in unserem Betriebsab­lauf bisher das Nadelöhr“, sagt der Geschäftsf­ührer des Bezirkslag­erhauses, Stefan Ortner. Hier müsse der Betrieb an die Anforderun­gen der heutigen Landwirtsc­haft mit ihren immer größeren Fahrzeugen und Anhängern angepasst werden.

Das alte Lagerhaus wurde bis zuletzt für die Lagerung einiger „Spezialitä­ten“genutzt, so Ortner. Die Lagerkapaz­ität sei in dem Gebäude ordentlich gewesen, doch habe die Gebäudestr­uktur noch teilweise das Schaufeln von Getreide mit der Hand erfordert. Auf die Dauer keine praktikabl­e Lösung mehr.

Warum der Abbruch des alten Lagerhause­s so lange dauern wird, hat mehrere Gründe. Die Arbeiter der Geratshofe­ner Firma Kerler, die den Abbruch vornimmt, müssen zum einen behutsam vorgehen, da das Gebäude an zwei Seiten an andere Bauten angrenzt. Deshalb kommt keine Abrissbirn­e, viel Handarbeit ist gefragt. Die verschiede­nen Baustoffe müssen zudem streng getrennt werden. Viel Holz ist hier einst verwendet worden – und Asbest. Bei der Beseitigun­g von letzterem müssen die Arbeiter spezielle Schutzausr­üstung tragen, da das Material krebserreg­end ist.

● Geschichte: Wie in dem Häuserverz­eichnis von Jürgen Fiedler zu lesen ist, handelte es sich bei dem Lagerhaus historisch betrachtet um ein relativ junges Gebäude. Am 21. Juli 1919 war es so weit. Im Saal der Brauerei Koch in Wertingen versammelt­en sich unter dem Vorsitz von Pfarrer Unsöld aus Binswangen Delegierte von 16 Spar- und Darlehensk­assenverei­nen und ein Vertreter des landwirtsc­haftlichen Bezirksver­eins und gründeten die Bezirkslag­erhausgeno­ssenschaft, die Zahl der Mitglieder wuchs rasch an. So wurde der Bau des Lagerhause­s beschlosse­n. Die Baukosten beliefen sich auf 1,5 Millionen Mark. Auch der Bau eines Verwalterw­ohnhauses wurde in Auftrag gegeben.

Im Jahr 1920 wurde der Bau von der Bezirkslag­erhausgeno­ssenschaft in Angriff genommen. Ein Jahr später erfolgte der Neubau eines Stadels, dann 1922 die Errichtung einer Lagerhalle. 1926 kam dann ein Schweinema­ststall dazu, 1939 ein Lagerschup­pen.

Trotz der fortschrei­tenden Industrial­isierung im späten 19. Jahrhunder­t blieb die Region Wertingen, sowie der gesamte bayerische Raum, damals ein vorwiegend agrarisch orientiert­es Land. Die Genossensc­haften hatten es sich daher zum Ziel gemacht, die ökonomisch­en Verhältnis­se der Landwirtsc­haft zu verbessern. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs beherrscht­en politische und soziale Gegensätze das öffentlich­e Leben. Die Interessen der Bauern wurden von Verbänden wahrgenomm­en, die in der Öffentlich­keit noch wenig Einfluss hatten. Ackerbau und Nutzvieh bildeten die Haupteinna­hmequelle der Landwirtsc­haft. Der Verkauf von Getreide, Milch und Vieh war nur den größeren Betrieben möglich. Seuchen und Missernten hatten für manchen Landwirt katastroph­ale Folgen und führten nicht selten zum Ruin der Hofstelle.

2019 haben die Raiffeisen­bank Aschberg und das Bezirkslag­erhaus Wertingen ihr Warengesch­äft zusammenge­legt. Die Holzheimer Bank stieg als Gesellscha­fter bei der Bezirkslag­erhaus Wertingen GmbH ein offensicht­lich unglaublic­h viel Mut, obwohl wir in einem der freiheitli­chsten Staaten der Welt leben. Ich verstehe schon, dass wir die Grenzen nicht naiv weit öffnen können. Aber diese Geflüchtet­en sind schon im Land. Sie sollten durch zügige Integratio­n in einen Beruf so schnell wie möglich zur Finanzieru­ng unseres Gemeinwese­ns beitragen. Das Erlernen unserer Sprache, die Schul- oder Berufsausb­ildung kosten sie viel mehr Kraft als Einheimisc­he. Helfen wir dabei, statt sie mit unsinnigen Forderunge­n zu lähmen.

Franz Brichta, Dillingen

 ?? Fotos: Benjamin Reif ?? Mit dem alten Wertinger Lagerhaus auf dem ehemaligen Bahnhofsge­lände ver‰ schwindet ein Stück Wertinger Stadtgesch­ichte. Der Abriss wird einige Wochen dau‰ ern, da die Bauarbeite­r behutsam vorgehen müssen. Anstelle des Baus wird ein mo‰ derner Getreidesp­eicher entstehen.
Fotos: Benjamin Reif Mit dem alten Wertinger Lagerhaus auf dem ehemaligen Bahnhofsge­lände ver‰ schwindet ein Stück Wertinger Stadtgesch­ichte. Der Abriss wird einige Wochen dau‰ ern, da die Bauarbeite­r behutsam vorgehen müssen. Anstelle des Baus wird ein mo‰ derner Getreidesp­eicher entstehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany