Donau Zeitung

Das Prinzip Hoffnung

Außenpolit­ik Nach den Äußerungen von Admiral Schönbach ist die Bundesregi­erung um Schadensbe­grenzung bemüht. In der Ukraine-Krise vermeidet sie harte Drohungen und setzt auf Diplomatie. Doch reicht das aus?

- VON STEFAN LANGE

Berlin. Es kann in den Tagen der Anspannung verwirrend sein, Dienst in der Bundeswehr zu leisten. „Wir sind Marine – und ich bin einer von Wir!“, lautet der letzte Satz des Tagesbefeh­ls, den das Marinekomm­ando in Rostock am Montag an seine Soldatinne­n und Soldaten verschickt­e. Über die satirisch anmutende Formulieru­ng hinaus war an dem Papier nichts lustig. Unterzeich­net hatte es Konteradmi­ral Jan Christian Kaack, der vor wenigen Tagen die Führung der Marine übernommen hat. Sein Vorgänger Kay-Achim Schönbach, zuletzt Vizeadmira­l und Inspekteur der Marine, ist Militärges­chichte. Seine Äußerungen zur Ukraine und Russland hingegen sind brandaktue­ll.

Schönbach hatte bei einer Veranstalt­ung in Indien Verständni­s für Kremlchef Wladimir Putin geäußert und die Annexion der Krim durch Russland als endgültig bezeichnet. „Das ist nicht die Haltung der Bundesregi­erung. Die Bundesregi­erung hat eine klare Haltung, insbesonde­re was die Krim und das internatio­nale Recht und die Achtung des internatio­nalen Rechts angeht. An dieser

Haltung kann es keinen Zweifel geben“, bemühte sich Vize-Regierungs­sprecherin Christiane Hoffmann am Montag in Berlin, der internatio­nalen Kritik an diesen Äußerungen entgegenzu­treten. Verteidigu­ngsministe­rin Christine Lambrecht (SPD) machte einen klaren Schnitt und kam dem Wunsch des Admirals nach, von seinen Aufgaben entbunden zu werden. Dies sei „der einzig richtige Schritt“gewesen, erklärte der Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums, Christian Thiels. Lambrecht habe am Montag mit Schönbach gesprochen, ihm für seine Dienste gedankt und ihm alles Gute gewünscht.

In der Allianz der westlichen Gemeinscha­ft sorgten Schönbachs Äußerungen auch deshalb für Irritation­en, weil sie die Suche nach einer gemeinsame­n Antwort auf das russische Machtgebar­en an der ukrainisch­en Grenze nicht leichter machen. Nato und EU seien sich einig, dass man „geschlosse­n hinter der territoria­len Unversehrt­heit und Souveränit­ät der Ukraine“stehe und „die russischen Drohmanöve­r“zurückweis­e, betonte Außenamtss­precher Christofer Burger. Man habe gemeinsam „unmissvers­tändlich deutlich

gemacht, dass jede weitere Aggression gegen die Ukraine einen hohen Preis bedeuten würde“. Wie dieser Preis aussehen soll, darüber herrscht noch keine Einigkeit und ist von der weiteren Entwicklun­g abhängig.

Manfred Weber, der Vorsitzend­e der EVP-Fraktion im Europaparl­ament, hat gegenüber der ARD eine klare und einheitlic­he Haltung der Bundesregi­erung gefordert. „Es betrifft uns auch ganz konkret. Und deswegen ist eine entschiede­ne Haltung von Berlin bitter und dringend notwendig.“Wer Frieden sichern wolle, wer Frieden erhalten wolle, der müsse jetzt bereit sein, Wladimir

Putin den Preis zu nennen, was eine militärisc­he Eskalation bedeuten würde, sagte Weber. Zuvor hatte er die Bundesregi­erung für ihre unterschie­dlichen Äußerungen kritisiert: „Wir bräuchten eigentlich Führung aus Berlin und auch Paris heraus, und beide Länder sind leider Gottes geschwächt.“

Die Nato bestätigte am Montag Pläne zur Truppenauf­stockung in Osteuropa. Die Bundesregi­erung hält sich noch zurück. Am 22. Februar soll die Beteiligun­g der Bundeswehr an der Nato-Mission „enhanced Air Policing South (eAPS)“in Rumänien wie schon länger geplant verstärkt werden. Eurofighte­r des Luftwaffen­geschwader­s 71 „Richthofen“aus Wittmund fliegen dort bereits bewaffnete Einsätze. Das Ziel ist den Angaben zufolge ein komplett gemischtes deutsch-britisches Kontingent bewaffnete­r Kampfjets nebst Personal.

Schwere Waffen will die Bundesregi­erung nicht in die Ukraine liefern. Ob das auch für den Fall gilt, dass Russland die Ukraine angreift? Zunächst einmal, erklärte Vize-Regierungs­sprecherin Hoffmann, tue die Regierung alles, um eine solche Eskalation zu verhindern. „Für den

Fall, dass es zu einer russischen Interventi­on oder einem wie auch immer gearteten Eindringen auf ukrainisch­es Territoriu­m kommt, bereitet die Bundesregi­erung gemeinsam mit ihren Verbündete­n eine Reihe von Maßnahmen vor, die wir jetzt hier aber im Einzelnen nicht besprechen“, sagte sie in der Regierungs­pressekonf­erenz. Deutschlan­d finanziert aktuell ein Feldlazare­tt für die Ukraine. Momentan benötige sein Land vor allem „dringend 100.000 Helme und Schutzwest­en für die Freiwillig­en, die sich gerade für die Landwehr melden, um ihre Heimat zusammen mit den Streitkräf­ten zu verteidige­n“, sagte hingegen der ukrainisch­e Botschafte­r in Deutschlan­d, Andrij Melnyk, dem Handelsbla­tt.

Die Sorgen innerhalb der Regierung nehmen indes zu, das zeigt eine Entscheidu­ng des Auswärtige­n Amtes. Familienan­gehörigen der Auslandsve­rtretungen sowie der deutschen Organisati­onen (beispielsw­eise das Goethe-Institut) wird „die Möglichkei­t zur freiwillig­en Ausreise aus der Ukraine eingeräumt“. Die Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen hingegen bleiben. Sie sollen die Gesprächsk­anäle offenhalte­n.

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Foto: dpa Musste gehen: Kay‰Achim Schönbach, Inspekteur der Marine.

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