Das Prinzip Hoffnung
Außenpolitik Nach den Äußerungen von Admiral Schönbach ist die Bundesregierung um Schadensbegrenzung bemüht. In der Ukraine-Krise vermeidet sie harte Drohungen und setzt auf Diplomatie. Doch reicht das aus?
Berlin. Es kann in den Tagen der Anspannung verwirrend sein, Dienst in der Bundeswehr zu leisten. „Wir sind Marine – und ich bin einer von Wir!“, lautet der letzte Satz des Tagesbefehls, den das Marinekommando in Rostock am Montag an seine Soldatinnen und Soldaten verschickte. Über die satirisch anmutende Formulierung hinaus war an dem Papier nichts lustig. Unterzeichnet hatte es Konteradmiral Jan Christian Kaack, der vor wenigen Tagen die Führung der Marine übernommen hat. Sein Vorgänger Kay-Achim Schönbach, zuletzt Vizeadmiral und Inspekteur der Marine, ist Militärgeschichte. Seine Äußerungen zur Ukraine und Russland hingegen sind brandaktuell.
Schönbach hatte bei einer Veranstaltung in Indien Verständnis für Kremlchef Wladimir Putin geäußert und die Annexion der Krim durch Russland als endgültig bezeichnet. „Das ist nicht die Haltung der Bundesregierung. Die Bundesregierung hat eine klare Haltung, insbesondere was die Krim und das internationale Recht und die Achtung des internationalen Rechts angeht. An dieser
Haltung kann es keinen Zweifel geben“, bemühte sich Vize-Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Montag in Berlin, der internationalen Kritik an diesen Äußerungen entgegenzutreten. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) machte einen klaren Schnitt und kam dem Wunsch des Admirals nach, von seinen Aufgaben entbunden zu werden. Dies sei „der einzig richtige Schritt“gewesen, erklärte der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Christian Thiels. Lambrecht habe am Montag mit Schönbach gesprochen, ihm für seine Dienste gedankt und ihm alles Gute gewünscht.
In der Allianz der westlichen Gemeinschaft sorgten Schönbachs Äußerungen auch deshalb für Irritationen, weil sie die Suche nach einer gemeinsamen Antwort auf das russische Machtgebaren an der ukrainischen Grenze nicht leichter machen. Nato und EU seien sich einig, dass man „geschlossen hinter der territorialen Unversehrtheit und Souveränität der Ukraine“stehe und „die russischen Drohmanöver“zurückweise, betonte Außenamtssprecher Christofer Burger. Man habe gemeinsam „unmissverständlich deutlich
gemacht, dass jede weitere Aggression gegen die Ukraine einen hohen Preis bedeuten würde“. Wie dieser Preis aussehen soll, darüber herrscht noch keine Einigkeit und ist von der weiteren Entwicklung abhängig.
Manfred Weber, der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, hat gegenüber der ARD eine klare und einheitliche Haltung der Bundesregierung gefordert. „Es betrifft uns auch ganz konkret. Und deswegen ist eine entschiedene Haltung von Berlin bitter und dringend notwendig.“Wer Frieden sichern wolle, wer Frieden erhalten wolle, der müsse jetzt bereit sein, Wladimir
Putin den Preis zu nennen, was eine militärische Eskalation bedeuten würde, sagte Weber. Zuvor hatte er die Bundesregierung für ihre unterschiedlichen Äußerungen kritisiert: „Wir bräuchten eigentlich Führung aus Berlin und auch Paris heraus, und beide Länder sind leider Gottes geschwächt.“
Die Nato bestätigte am Montag Pläne zur Truppenaufstockung in Osteuropa. Die Bundesregierung hält sich noch zurück. Am 22. Februar soll die Beteiligung der Bundeswehr an der Nato-Mission „enhanced Air Policing South (eAPS)“in Rumänien wie schon länger geplant verstärkt werden. Eurofighter des Luftwaffengeschwaders 71 „Richthofen“aus Wittmund fliegen dort bereits bewaffnete Einsätze. Das Ziel ist den Angaben zufolge ein komplett gemischtes deutsch-britisches Kontingent bewaffneter Kampfjets nebst Personal.
Schwere Waffen will die Bundesregierung nicht in die Ukraine liefern. Ob das auch für den Fall gilt, dass Russland die Ukraine angreift? Zunächst einmal, erklärte Vize-Regierungssprecherin Hoffmann, tue die Regierung alles, um eine solche Eskalation zu verhindern. „Für den
Fall, dass es zu einer russischen Intervention oder einem wie auch immer gearteten Eindringen auf ukrainisches Territorium kommt, bereitet die Bundesregierung gemeinsam mit ihren Verbündeten eine Reihe von Maßnahmen vor, die wir jetzt hier aber im Einzelnen nicht besprechen“, sagte sie in der Regierungspressekonferenz. Deutschland finanziert aktuell ein Feldlazarett für die Ukraine. Momentan benötige sein Land vor allem „dringend 100.000 Helme und Schutzwesten für die Freiwilligen, die sich gerade für die Landwehr melden, um ihre Heimat zusammen mit den Streitkräften zu verteidigen“, sagte hingegen der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, dem Handelsblatt.
Die Sorgen innerhalb der Regierung nehmen indes zu, das zeigt eine Entscheidung des Auswärtigen Amtes. Familienangehörigen der Auslandsvertretungen sowie der deutschen Organisationen (beispielsweise das Goethe-Institut) wird „die Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise aus der Ukraine eingeräumt“. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hingegen bleiben. Sie sollen die Gesprächskanäle offenhalten.