So erklärt Benedikt seine Falschaussage
Reaktion Der emeritierte Papst räumt einen Fehler ein – auf eine Art und Weise, die Kritiker erzürnt.
Rom Der emeritierte Papst Benedikt XVI., mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger, hat seine Aussage, als Münchner Erzbischof an einer entscheidenden Ordinariatssitzung nicht teilgenommen zu haben, zurückgenommen. Damals, am 15. Januar 1980, wurde über einen als Missbrauchstäter überführten Priester entschieden, der zur Therapie ins Erzbistum München und Freising kommen sollte. Benedikt hatte in einer ausführlichen schriftlichen Stellungnahme zu Vorwürfen gegen ihn behauptet, in der damaligen Sitzung nicht anwesend gewesen zu sein.
Gutachter der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatten anhand eines
Sitzungsprotokolls, in dem von Aussagen Joseph Ratzingers die Rede war, das Gegenteil bewiesen. Der emeritierte Papst, dem in dem Gutachten als Münchner Erzbischof in vier Fällen fehlerhaftes Verhalten vorgeworfen wird, hatte also sichtbar die Unwahrheit angegeben.
Am Montag erklärte sein Privatsekretär, Erzbischof Georg Gänswein, dass die Angabe „objektiv falsch“war. Benedikt wolle aber betonen, „dass dies nicht aus böser Absicht heraus geschehen ist, sondern Folge eines Versehens bei der redaktionellen Bearbeitung seiner Stellungnahme“gewesen sei. Wie es dazu gekommen sei, werde Benedikt in einer „noch ausstehenden Stellungnahme erklären“. Der Fehler täte ihm „sehr leid und er bittet, diesen Fehler zu entschuldigen“. Benedikt beharrt gleichwohl auf der Darstellung, dass in der Sitzung am 15. Januar 1980 nicht „über einen seelsorgerlichen Einsatz des betreffenden Priesters entschieden wurde“. Es sei nur der Bitte entsprochen worden, dem Priester während seiner Therapie in München Unterkunft zu ermöglichen.
Die Gutachter hatten dem emeritierten Papst beschieden, seine Stellungnahme wie eine Verteidigungsschrift verfasst zu haben, „mit der nur das zugegeben werden soll, was auch anhand der Akten eindeutig belegbar ist“. Er sei nicht bereit, „das eigene Handeln und die eigene Rolle selbstkritisch zu reflektieren und zumindest Mitverantwortung für Unzulänglichkeiten zu übernehmen“, hieß es. In dem Gutachten wird auch deutlich, dass Benedikt XVI. noch als amtierender Papst mit Falschaussagen geschützt werden sollte. Nachdem die New York Times 2010 zum Fall Peter H. recherchiert hatte, übernahm Ratzingers früherer Generalvikar Gerhard Gruber „die volle Verantwortung“für den Fall H. Im Gutachten widerruft Gruber diese Darstellung. Er sei zu dieser Darstellung „zum Schutz des Papstes“gedrängt worden.
Der Sprecher der Opferinitiative „Eckiger Tisch“, Matthias Katsch, zeigte sich enttäuscht über die Reaktion des Papstes auf das Gutachten: „Damit trägt er dazu bei, dass man wirklich das Gefühl hat, man kann ihnen nichts glauben.“Kirchenrechtler Thomas Schüller sagte, Ratzinger verstricke sich „immer mehr in seine Lügengebilde“und beschädige damit dauerhaft das Papstamt und die Kirche. Die katholische Reformbewegung „Wir sind Kirche“bezeichnete die Stellungnahme als „peinlich“.