Die Bayern und ihre Bierkönigin
Die Bayern haben sich von der Monarchie bekanntlich eher gemütlich verabschiedet. Als sich am 7. November 1918 unter Führung von Kurt Eisner eine revolutionäre Masse auf der Theresienwiese unterhalb der Bavaria versammelt hatte – 50.000 Leut’ sollen es gewesen sein –, ging König Ludwig III. seelenruhig im Englischen Garten spazieren. An die Gurgel ging ihm dort niemand. Im Gegenteil: Ein besorgter Bürger soll ihn sogar freundlich ermahnt haben: „Majestät, genga S’ hoam, sonst passiert Eahna wos.“
Schon 70 Jahre zuvor, während der Revolution von 1848, versuchte der Korrespondent einer französischen Zeitung seinen Landsleuten zu erklären, wie das hier so ist: „Die Bayern sind ein derbes, aber gutmütiges Volk, sie ließen lieber Holz auf sich spalten, als dass sie zu einem Aufstand zu bringen wären. Doch man nehme ihnen ihr Bier, und sie werden wilder revoltieren als irgendein anderes Volk.“
Belege, dass beim Bier der Spaß aufhört, gibt es zuhauf – zum Beispiel die Notiz eines Kanzleibeamten über den Bieraufstand im September 1844, ausgelöst durch eine Preiserhöhung: „In den Häusern der Bräuer blieb kein Fenster bis in den dritten Stock hinauf, keine Tür, kein Laden, kein Tisch noch Stuhl, kein Ofen, keine Uhr, kein Geschirr ganz.“
Über den Zusammenhang von Volkes Gemüt, Monarchie und Bier könnte noch viel mehr gesagt werden. Er lebt – auch ohne regierenden Monarchen – fort in der Institution der bayerischen Bierkönigin. Und nur daraus erklärt sich der Nachrichtenwert der Meldung des Bayerischen Brauerbundes an diesem Montag: Die amtierende Bierkönigin Sarah Jäger aus der Oberpfalz bleibt ein Jahr länger im Amt. Die Wahl und Inthronisation ihrer Nachfolgerin muss coronabedingt aufs nächste Jahr verschoben werden.