Donau Zeitung

Kein Applaus für Söder

Kulturbran­che fühlt sich unverstand­en

- VON ULI BACHMEIER

München Der Widersinn, wie der Kabarettis­t Wolfgang Krebs ihn beschreibt, ist offenkundi­g: Im voll besetzten Saal eines Wirtshause­s sind 100 Leute beim Essen – es gilt die 2G-Regel, ohne Abstand, ohne Maske, ohne Schnelltes­t. Sobald ein Musiker die Bühne betritt und zu spielen beginnt, müssen 75 Leute den Saal verlassen. Wer bleiben will, braucht, obwohl vollständi­g geimpft oder genesen, zusätzlich einen Schnelltes­t, muss Abstand halten und eine FFP2-Maske aufsetzen.

Seit Wochen laufen Kulturscha­ffende Sturm gegen diese Benachteil­igung. Für diese Woche hat Ministerpr­äsident Markus Söder Lockerunge­n in Aussicht gestellt. Sie sollen an diesem Dienstag im Kabinett beschlosse­n werden. Die 25-Prozent-Grenze für Besucherin­nen und Besucher soll bei Kulturvera­nstaltunge­n auf 50 Prozent erhöht werden. Applaus aus der Szene wird er dafür aber wohl kaum erhalten.

„Das klingt nur im ersten Moment super“, sagt Michael Klein, geschäftsf­ührender Gesellscha­fter der Spectrum Gastronomi­e- und Veranstalt­ungs-GmbH in Augsburg. „Vom kleinsten Jazz-Club bis zur Kongressha­lle in Augsburg bringt das keinerlei Erleichter­ung.“Die Gründe: Zum einen könnten, sobald 50 Prozent Gäste zugelassen seien, die unveränder­t geltenden Abstandsre­geln nicht mehr eingehalte­n werden. Zum anderen seien Kulturvera­nstaltunge­n auch mit 50 Prozent Auslastung nicht wirtschaft­lich zu betreiben.

Von einer „Scheindisk­ussion zur Unzeit“spricht Bernd Schweinar, Geschäftsf­ührer des Verbandes für Popkultur in Bayern. Er verweist auf rasant steigende Omikron-Inzidenzen und sagt: „Das Virus wird unser Handeln in den nächsten Wochen bestimmen.“Die 25-ProzentQuo­te sei weltfremde­r Quatsch gewesen, eine kosmetisch­e Quotenerhö­hung auf 50 Prozent helfe vielleicht staatlich subvention­ierten Bühnen oder Kinos, nicht aber der privaten Konzertbra­nche. Weil für die Veranstalt­er die Gesundheit ihres Publikums „oberstes Gebot“sei, plädiert er für andere Regeln: Zugang nur für Geboostert­e, übergangsw­eise noch mit Maskenpfli­cht, aber ohne Tests, ohne Mindestabs­tand und unter Volllast. Vor allem aber wünscht er sich eine verlässlic­he mittelfris­tige Perspektiv­e. Die Branche brauche einige Monate Vorlaufzei­t, um überhaupt wieder ein Programm umsetzen zu können.

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