Donau Zeitung

Nach Olympia‰Gold grüßte sie ihren Kater

Nachruf Heidi Biebl aus Oberstaufe­n überrascht­e 1960 im amerikanis­chen Squaw Valley mit Abfahrtssi­eg und einem für Nicht-Allgäuer schwer verständli­chen Interview. Nach einem bewegten Leben ist sie nun mit 80 Jahren gestorben.

- VON THOMAS WEISS

Oberstaufe­n „Leicht hammer’s eigentlich nie g’habt“. Das war so ein Satz, den man von Ski-Legende Heidi Biebl aus Oberstaufe­n immer wieder hörte. Doch statt in ein längeres Wehklagen zu verfallen, unterbrach sie sich dann oft selbst: „Aber irgendwie hammer’s doch immer g’schafft.“Am authentisc­hsten war Heidi Biebl immer dann, wenn sie so redete, wie ihr der Schnabel als „Föhl vo Staufa“gewachsen ist. Im Oberallgäu­er Dialekt, offen, ehrlich, manchmal auch spontan und witzig statt wohlüberle­gt und diplomatis­ch.

Heidi Biebl wuchs nicht langsam in die Rolle des Ski-Stars. Sie wurde an jenem 20. Februar 1960, drei Tage nach ihrem 19. Geburtstag, über Nacht berühmt. In Squaw Valley in den USA gewann die junge Allgäuerin als erste Deutsche olympische­s Abfahrtsgo­ld und schrieb Ski-Geschichte. Am vergangene­n Donnerstag, das bestätigte nun der Oberstaufe­ner Skiklub-Vorsitzend­e und langjährig­e „Biebl-Sekretär“Hanskarl Bechteler, ist „unsere Heidi“in der Klinik Immenstadt im Alter von 80 Jahren gestorben.

Bechteler kann als Chronist des Skiklubs viele Geschichte­n von Heidi Biebl erzählen. Dass sie in einfachen Verhältnis­sen aufgewachs­en ist und sich vieles hart erkämpfen musste. Sie hatte im Vergleich zu anderen deutschen Ski-Assen von damals nur ein Paar Ski und „schämte sich immer ein bisschen“, wenn sie mit Strickpull­over und Rucksack daherkam, während andere aus der Willy-Bogner-Connection die alpine Glitzerwel­t vertraten. Biebl genierte sich nicht, später auch zuzugeben, dass sie bei der Siegerehru­ng in Squaw Valley vollkommen überforder­t war – mit der deutschen Hymne. „Ich habe die gar nicht gekannt“, erzählte sie zu ihrem 80. Geburtstag und lachte: „Ja woher denn, mit 19? Ich wusste gar nicht, was da abläuft.“Nach ihrer Triumphfah­rt durfte sie aus dem Übertragun­gswagen mit ihrer Mutter in Oberstaufe­n telefonier­en. „Das war für mich das Allerhöchs­te, wir hatten doch kein Telefon, keinen Fernseher und nix“, erzählte sie. Sie sei so verdattert gewesen, dass sie nur noch kurz an den geliebten Kater zuhause dachte und sagte: „Mama, grüß mir de Katzaboala“. Darauf sei sie Jahrzehnte später noch angesproch­en worden ...

Vergolden konnte Biebl ihren Erfolg nicht. „Ich war zu unerfahren und konnte den Olympiasie­g nicht vermarkten“. Biebl war aber auch stets streitbar. Wegen Meinungsve­rschiedenh­eiten mit dem Deutschen Skiverband, der sie angeblich wegen zu hohen Zigaretten­konsums nicht für die WM in Chile nominiert hatte, warf Biebl 1966 hin und beendet schon mit 25 Jahren ihre aktive Karriere. Sie eröffnete eine Skischule und ein Hotel, das sie 2008 „zum schlechtes­ten Zeitpunkt verkaufte“– aus Altersgrün­den.

Mit ihrem Mann Bora, mit dem sie 48 Jahre verheirate­t war, wollte sie noch möglichst viele schöne Tage erleben. Dieser Wunsch blieb unerfüllt. Nach einer Venenerkra­nkung in den Beinen und einer notwendig gewordenen Operation starb Biebl am Donnerstag unerwartet.

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Fotos: imago images, Ralf Lienert Früher waren noch Allrounder gefragt. Heidi Biebl (hier bei einem Fis‰Rennen 1965 in Grindelwal­d/Schweiz) beherrscht­e Abfahrt und Slalom. Ihr größter Erfolg war Olympia‰Gold 1960 in der Abfahrt von Squaw Valley.
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Heidi Biebl

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