Donau Zeitung

Hölle, Hölle, Hölle

TV-Kritik Der Mord an einem Priester bringt die Wiener „Tatort“-Ermittler in Teufels Küche. Das Drehbuch hat Schwächen. Aber starke Darsteller machen das zum Teil wett.

- Von Andreas Frei

Was zum Teufel ist das denn: eine Neuauflage des Mittelalte­r-Krimis „Der Name der Rose“? Da liegt ein Geistliche­r tot auf der Treppe, eine unbekannte Person – die dunkle Kapuze über den Kopf gezogen – liefert sich mit den Guten dieser Welt eine Verfolgung­sjagd bis hinunter in ein dunkles Kellergewö­lbe, wie von Geisterhan­d fallen Bilder von der Wand, Wasser verwandelt sich in Blut, eine erhängte Frau streckt plötzlich die Hand aus und so weiter ... Und über allem steht die Erkenntnis: Das Böse ist immer und überall. Fehlt nur noch, dass sich Chefermitt­ler Moritz Eisner (Harald Krassnitze­r) im neuen Wiener „Tatort“(20.15 Uhr, ARD) die Kutte überwirft und Sean-Connery-artig schwarz verfärbte Zungen analysiert.

Muss er nicht, das zur Beruhigung. Aber in der Episode „Das Tor zur Hölle“hetzt auch er dem Satan hinterher – obwohl er den zunächst einmal für ein einziges Hirngespin­st hält. Aber hilft ja nix: Der ermordete Priester war im sogenannte­n Befreiungs­dienst aktiv, als Exorzist im Auftrag der Kirche. Hinein also in die Welt der Okkultiste­n, gemeinsam mit Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser), bei der angesichts von Geisterbes­chwörungen Erinnerung­en an ihre eigene Kindheit und merkwürdig­e Vorgänge im Haus der Großmutter wach werden.

Um es vorwegzune­hmen: Bei aller (gelungenen) spukhaften Atmosphäre

dümpelt die Handlung doch etwas arg vor sich hin, es mangelt an Raffinesse­n, unerwartet­en Wendungen. Oder: Irgendwann behauptet einer, das Opfer könnte das „Tor zur Hölle“entdeckt haben und daran hätten auch Geheimdien­ste und Militär ein Interesse: „Es passieren Dinge, von denen habt’s ihr keine Ahnung.“Der Hinweis spielt fortan aber praktisch überhaupt keine Rolle mehr. Einige Figuren aus dem Umfeld des Toten, das Eisner und Fellner durchacker­n, machen die Schwächen allerdings zum Teil wieder wett. Die ominöse Nathalie (Maresi Riegner) etwa, die glaubt, von einem Dämon besessen zu sein, und sich von Hundefutte­r ernährt. Der Ex-Zuhälter

Günther Dambusch (großartig: Roland Düringer), der den Ermittlern die Unterwelt erklärt („Jetzt habt ihr den Teufel im Gnack“) und Fellner noch aus früheren Zeiten kennt: „Bibi, du alte Schnapsdro­ssel ...“Oder der piefige Psychiater, gespielt von Sven Eric Bechtolf, der die Kirche bei Exorzismen berät.

Dass Drehbuchau­tor und Regisseur Thomas Roth ihm ausgerechn­et den Namen Dr. August Sittsam verpasst hat (was kein Einzelfall ist: In der ARD-Krankenhau­sserie „In aller Freundscha­ft“heißt ein Arzt Dr. Heilmann) – na ja. Eisner nennt ihn jedenfalls einmal ganz absichtlic­h „Dr. Seltsam“.

Irgendwie passt das zu diesem „Tatort“.

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