Unternehmer treffen sich zum Speed-Dating
Das erste Netzwerktreffen für Führungskräfte auf der Dillinger Messe WIR hat eine unerwartet große Resonanz. Es gibt Tipps, wie Firmen erfolgreich werden.
Der Umgangston beim ersten Unternehmer-Netzwerktreffen auf der WIR 2024 ist locker. Dillingens BSH-Standortleiter Claus Köther ist der Claus. Die Chefassistentin der Holzheimer Firma Feldmeyer-Bau, Janine Feldmeyer, ist die Janine. Und Bayerns neuer Digitalminister Fabian Mehring ist nicht der Dr. Mehring, sondern der Fabian. Es beginnt an diesem Mittwochabend im Festzelt auf der Dillinger Messe ein ungewöhnlicher Austausch. Führungskräfte aus Firmen im Landkreis Dillingen treffen sich nach dem ersten Ausstellungstag im Festzelt des Bauernverbands zum „Speed-Dating“. Zwei Mal 45 Sekunden haben die Gesprächspartner jeweils Zeit, sich vorzustellen und Visitenkarten auszutauschen. Nach diesen 90 Sekunden ertönt ein Signal und die Gesprächspartner wechseln.
Der Bund der Selbstständigen (BDS) in der Region und die Dillinger Wirtschaftsjunioren haben erstmals ein Netzwerktreffen für Unternehmer organisiert und mit der WIR einen außergewöhnlichen Rahmen gefunden. Der Dillinger BDS-Vorsitzende Manuel Schuster und Wirtschaftsjuniorenchef Heiko
Olejnik sind überwältigt von der Resonanz. „Wir haben anfangs mit 50 Teilnehmern gerechnet“, sagt Schuster. Am Mittwochabend tauschen sich schließlich mehr als 200 Führungskräfte im Festzelt aus. Zu den Gästen zählen auch Landrat Markus Müller und Oberbürgermeister Frank Kunz. „Sie tragen unseren Landkreis, und Sie tragen diese Messe“, sagt Müller zu den Unternehmern und Unternehmerinnen.
Den ersten Impulsvortrag an diesem Abend hält Digitalminister Fabian Mehring. Der 35-jährige FW-Politiker zeigt sich glücklich, „den Tag in der Heimat beenden zu können“. Gleich zu Beginn steht ein dickes Lob für das Netzwerktreffen. „Dieses Format muss dringend fortgesetzt werden“, sagt Mehring. Der Minister fordert vehement die Digitalisierung der Verwaltung ein. Der Alltag der meisten Menschen spiele sich heute in der digitalen Welt ab. Mehring nennt das Beispiel einer OnlineBestellung. Da erfahre man meist punktgenau, wo sich das Paket gerade befinde.
„Der Bauantrag bei einer bayerischen Behörde verschwindet dagegen zunächst in einem schwarzen Loch“, stellt der Politiker, der dies ändern möchte, fest. Das Gleiche gelte für die Anmeldung eines Autos, das mitunter mit einer zweistündigen Wartezeit auf der KfzZulassungsstelle verbunden sei. Mehring sagt, dass er sich dies anders vorstelle – mit einer Mail vom Amt, die Gratulation zum neuen Wagen inbegriffen, und einem Klick am Handy auf den Anmeldebutton. Der Staat, so Mehring, dürfe nicht das Gefühl vermitteln, nicht auf der Höhe der Zeit zu sein. Wenn Unternehmer mit Behörden zu tun hätten, müsse dies alles über eine Schnittstelle laufen – von der Steuererklärung bis zum Bauantrag.
„Der Sound der Zukunft spielt in der Digitalisierung“, prophezeit Mehring. In der Wirtschaft stagniere das Wachstum, der digitale Bereich verzeichne dagegen Zuwachsraten von 20 Prozent. Bei der digitalen Transformation und der anstehenden KI-Revolution dürfe Deutschland nicht auf dem Rücksitz Platz nehmen. „Wir müssen da in den Fahrersitz“, sagt der Minister, der als Keynote-Speaker viel Beifall erhält. Der Digitalisierung sollte man seinen Worten zufolge „nicht mit German Angst, sondern mit bayerischem Mut“begegnen.
Es folgt das Speed-Dating, das die Teilnehmenden des Treffens richtig auf Touren bringt. Danach spricht Professor Sebastian Allegretti über „Serendipität – Die Macht des Zufalls“. Und die Potenziale, die sich daraus für Unternehmen ergeben könnten. Serendipität bezeichnet ein Scheitern, das später ein Problem zufällig löst. Der Ingenieur und Wirtschaftspsychologe berichtet von Spencer Silver, der einst dachte, mit der Entwicklung eines Klebers gescheitert zu sein. Weil sich dieser Haftklebestoff aber rückstandsfrei wieder lösen lässt, entstanden später daraus die meist gelben Klebezettel Post-it. Allegretti führt in seinem Vortrag ein Beispiel an, in dem ein Mensch, der immer Glück hat, und ein anderer, der immer das Unglück anzieht, beschrieben werden. Der eine findet zehn Dollar, geht in ein Café, trifft dort zufällig einen Geschäftsmann, beginnt ein Gespräch und entwickelt mit ihm Pläne. Dem anderen passiert dasselbe, er setzt sich aber allein an den Tisch, trinkt seinen Kaffee und geht wieder nach Hause. Allegretti rät Firmenchefs zu
Offenheit, Experimentierfreude und einer gelebten Fehlerkultur im Unternehmen.
Business- und Personal-Coach Ronny Müller liefert einen Impulsvortrag zum „Netzwerken 2.0“. Der „Positivator“will die Führungskräfte grundsätzlich zum Nachdenken bringen, was sie selber gut können. Eine eigene Webseite hält Müller inzwischen für ein Muss. Der Coach wirbt für Grundlagen in der Kommunikation, etwa dem Anderen ohne Vorurteile zuzuhören. Und er stellt den Unternehmern die Frage: „Was tut Ihr, damit sich Eure Mitarbeiter wohlfühlen?“
Für Wohlfühlatmosphäre im Festzelt sorgen schließlich die Musiker Maximilian Manßhardt und Brian McNally The Second. Die Reaktionen auf das Treffen sind positiv. „Das waren super Referenten und ein guter Mix“, sagt BSHStandortleiter Köther. Birgit Herrmann vom Dillinger Versicherungsbüro Konrad hat es der „coole Vortrag über die Macht des Zufalls“angetan. Und auch Janine Feldmeyer lobt die Veranstaltung. „Sehr gut, das war mal etwas ganz anderes“, sagt die Holzheimerin. Die Meinungen sind einhellig. Das Unternehmer-Netzwerktreffen müsse fortgesetzt werden.
Warum einer immer Glück hat, der andere dagegen Unglück.