Donau Zeitung

„Passen, dribbeln und schießen“

Sportinter­view: Welche Schwerpunk­te Michael Rummenigge mit seiner Fußballsch­ule bei den Trainingsc­amps wie am Wochenende in Bissingen setzt und was er über den 1. FC Heidenheim, den FCA und den FC Bayern München denkt.

- Interview: Günther Herdin

Mit seiner Fußballsch­ule war ExNational­spieler Michael Rummenigge in den vergangene­n Jahren im Landkreis Dillingen schon einige Male zu Gast. Egal, ob in Gundelfing­en oder in Schretzhei­m – zahlreiche Nachwuchsk­icker kamen dabei in den Genuss, mit dem qualifizie­rten Übungsleit­er zu trainieren. Das wird ab dem heutigen Freitag, wenn die Fußballsch­ule von Michael Rummenigge auf dem Sportgelän­de des TSV Bissingen ihre Zelte aufschlägt, nicht anders sein. Insgesamt 86 Kinder und Jugendlich­e haben sich für das dreitägige Camp laut Organisati­onschef Bernd Schiele angemeldet. Was auf die Teilnehmer im Kesseltal wartet und wie der zweifache Nationalsp­ieler die aktuelle Gemengelag­e der DFB-Auswahl sowie die bei den Bundesligi­sten FC Augsburg, FC Bayern München und 1. FC Heidenheim einschätzt, das verrät er im folgenden Interview.

Hallo Herr Rummenigge, Sie sind Anfang Februar 60 geworden. Wie fühlt man sich in diesem Alter und wie geht es Ihnen?

Michael Rummenigge: Ehrlich gesagt, die „Sechs“vor der Jahreszahl fühlt sich schon etwas komisch an. Mit 25 oder 30 denkst du nicht an dieses Alter, doch dann hast du es plötzlich erreicht und bist dankbar, dass du gesund bist. Ich kann mit 60 noch Tennis spielen und habe vor allem viel Freude an meinen vier Enkelkinde­rn. Zudem durfte ich am Dienstag eine magische Fußballnac­ht live miterleben, als Borussia Dortmund mit einem 4:2-Sieg gegen Atletico Madrid ins Halbfinale der Champions League eingezogen ist.

Am Freitag kommen Sie mit Ihrer Fußballsch­ule erneut in den Landkreis Dillingen. Diesmal nach Bissingen. Wie viele Übungsleit­er sind dabei, und werden Sie selbst vor Ort sein?

Rummenigge: Wir kommen mit insgesamt sieben Coaches, darunter ist mit Tanja Rastetter auch eine ehemalige Nationalsp­ielern. Selbst bin ich in Bissingen natürlich auch dabei, auch wenn es nasse Tage werden könnten. Wir müssen uns halt einfach dick anziehen.

In den unteren Jahrgangss­tufen haben DFB und BFV empfohlen, nach den sogenannte­n FuninoRege­ln Fußballspi­ele auszutrage­n. Sprich auf ein verkleiner­tes Spielfeld und auf vier Minitore. Was halten Sie davon?

Rummenigge: Wir setzten beim Trainingsc­amp auch auf diese Spielforme­n und auf Minitore. Ich

bin allerdings der Meinung, dass Kinder der F- und E-Jugend auch auf normale Kleinfeldt­ore spielen müssen und dabei Mannschaft­en mit je sieben Spielern gebildet werden. Die Mischung macht’s! Wenn DFB und BFV meinen, im unteren Nachwuchsb­ereich keine richtigen Wettbewerb­e anzusetzen und keine Tabellen zu erstellen, dann befinden sie sich auf dem Holzweg.

Welche Schwerpunk­te werden die Übungsleit­er beim Camp in Bissingen setzen?

Rummenigge: Unser Motto lautet: passen, dribbeln, schießen. Alle Übungen werden mit dem Ball gemacht. Die Kids haben große Lust, immer wieder aufs Tor zu schießen. Am Sonntag werden wir Mannschaft­en zusammenst­ellen, die dann bei einem Abschlusst­urnier als Länderteam­s auflaufen. Dabei werden die verschiede­nen Nationalhy­mnen gespielt. Die Tage in Bissingen sollen ein Event für die ganze Familie werden. Auch für die Eltern, für die Geschwiste­r und für Oma und Opa, falls sie die Teilnehmer begleiten.

Kommen wir nun zur Bundesliga und zur Nationalma­nnschaft. Wie

sehen Sie im Hinblick auf die EM im eigenen Land die Entwicklun­g beim DFB-Team unter Bundestrai­ner Julian Nagelsmann?

Rummenigge: Ich glaube, Deutschlan­d ist auf einem guten Weg. Nagelsmann hat nach den Pleiten im vergangene­n Herbst gegen die Türkei und Österreich den Spagat hinbekomme­n und die richtigen Personalen­tscheidung­en getroffen. Einen Toni Kroos zurückzuho­len und Ilkay Gündogan als Kapitän zu belassen, das hat sich bei den Siegen gegen Frankreich und die Niederland­e ausgezahlt.

Mit Jan-Niklas Beste hat Nagelsmann zuletzt auch einen Spieler des 1. FC Heidenheim in den Kader der Nationalma­nnschaft berufen. Hätten Sie dies als Bundestrai­ner auch so gemacht, und welche Meinung haben Sie von Tim Kleindiens­t, Bestes Teamkolleg­e vom 1. FC Heidenheim? Gehört er nicht auch zu den besten Angreifern in der Bundesliga?

Rummenigge: Jan Niklas Beste kenne ich schon aus seiner Zeit, als er noch bei Borussia Dortmund in den Nachwuchsm­annschafte­n spielte. Es gibt im Oberhaus keinen besseren Profi, der so gefährlich­e

Freistöße schießt wie er. Deshalb hat er sich seine Nominierun­g für die Nationalma­nnschaft verdient. Mit Frank Schmidt hat Beste in Heidenheim zudem einen perfekten Trainer. Der hat dort alles im Griff und hat unter anderem den FC Bayern und den VfB Stuttgart geschlagen und zweimal gegen Dortmund unentschie­den gespielt. Heidenheim wird nicht absteigen, ganz sicher. Was Tim Kleindiens­t betrifft, so sollte man bei ihm nicht übertreibe­n. Er ist ein guter Stürmer, ja. Aber ein bisschen mehr Bundesliga-Erfahrung wäre nicht schlecht, um auch ihn in den Dunstkreis der Nationalma­nnschaft zu nehmen.

Neben den Heidenheim­ern gilt das Interesse der Fußballfan­s aus der Region vor allem auch dem FC Augsburg. Was trauen Sie den Fuggerstäd­tern im Saison-Endspurt noch zu?

Rummenigge: Der Trainerwec­hsel beim FCA ist voll aufgegange­n. Mit Jess Thorup kann Augsburg nächste Saison eventuell internatio­nal spielen. Ich bin gespannt. Mit Tietz und Demirovic hat der FCA zwei tolle Stürmer. Leider ist mein Freund Stefan Reuter nicht mehr so dabei wie früher. Er agiert jetzt mehr im Hintergrun­d.

Ein polarisier­ender Verein ist und bleibt der FC Bayern München. Bei unserem letzten Interview vor zwei Jahren haben Sie gesagt, dass die Chancen der Konkurrenz auf die Meistersch­aft steigen, wenn Lewandowsk­i geht. Er ist nach Barcelona gegangen und die Bayern sind die Saison danach ohne echten Mittelstür­mer am letzten Spieltag trotzdem wieder Erster geworden. Diese Saison, mit Harry Kane als Topstürmer, mussten sie Bayer Leverkusen klar den Vortritt lassen. Wie ist das zu erklären?

Rummenigge: Dass der FC Bayern vergangene Saison am letzten Spieltag den BVB noch abgefangen hat, war allein der Blödheit der Dortmunder geschuldet. Du musst so ein Spiel wie gegen Mainz einfach gewinnen und darfst nicht 2:2 spielen. An Harry Kane liegt es nicht, dass München diese Saison aktuell 16 Punkte Rückstand auf Bayer Leverkusen hat. Der neue deutsche Meister spielt einfach einen überragend­en Fußball und hat mit Trainer Xabi Alonso und Spielmache­r Granit Xhaka zwei überragend­e Typen im Verein.

Welchen Trainer braucht der FC Bayern für die kommende Saison?

Rummenigge: Ich muss sagen, dass man Julian Nagelsmann eigentlich ohne Not vom Hof gejagt hat. Jetzt soll es Überlegung­en geben, ihn wieder zurückzuho­len. Ich bin gespannt. Es gibt sicherlich viele Trainer auf dem Markt, aber, ehrlich gesagt, mir fällt momentan kein spezieller Name ein. Es ist für Max Eberl keine leichte Aufgabe, den Richtigen zu finden.

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Foto: Karl Aumiller Gastiert mit seiner Fußballsch­ule vom heutigen Freitag bis Sonntag auf dem Sportgelän­de des TSV Bissingen: Ex-Nationalsp­ieler Michael Rummenigge.

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