Seehofer: Ohne neue Asylpolitik ist die Zukunft von CDU und CSU bedroht
Flüchtlingskrise Auch Finanzminister Schäuble warnt: Die Stimmung an der Basis „ist dramatisch“. Umfragewerte für die Union sinken. Weiter strömen Zehntausende in Richtung Deutschland
Der nicht abreißende Flüchtlingsstrom nach Deutschland löst in der Union zunehmend Unruhe aus – auch, weil die Umfragewerte weiter sinken. CSU-Chef Horst Seehofer mahnte am Wochenende erneut eine Kurskorrektur in der Asylpolitik an und warnte, andernfalls riskiere die Union ihre politische Zukunft. Der bayerische Ministerpräsident, der seit längerem eine Begrenzung der Zuwanderung nach Deutschland verlangt, sagte am Samstag bei einer CSU-Veranstaltung: „Wenn die Asylpolitik nicht korrigiert wird, dann geht das an die Existenz von CDU und CSU.“Ohne eine Begrenzung des Zuzugs „wächst uns das über den Kopf“.
Laut Spiegel schätzt Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die Stimmung an der CDUBasis als „dramatisch“ein. Im Parteipräsidium habe er gewarnt, dass das Verhältnis der Basis zur Führung dauerhaft Schaden nehme, die Verschärfung der Asylgesetzgebung nicht bald Wirkung zeige. Den großen Rückhalt in der Partei für Merkels Kurs sehe er nicht.
Dem widersprach CDU-Vizechefin Ursula von der Leyen. „Bei aller verständlichen Unruhe“wisse die Basis der Union, „dass niemand Deutschland und Europa besser durch diese schwere Zeit steuern kann als die Kanzlerin“. Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) sagte, Merkels Vorgehen verdiene „Respekt und Unterstützung“.
Derweil strömen auf der Balkanroute weiter Zehntausende in Richtung Deutschland. Seit Schließung der ungarischen Grenze Mitte September wurden in Kroatien 230 000 Flüchtlinge gezählt. Im österreiwenn chischen Ort Spielfeld rechnete die Polizei am Sonntag mit 7000 Neuankömmlingen aus Slowenien. Busse und Sonderzüge brachten die Menschen in Notunterkünfte in Österreich oder an die deutsche Grenze.
Unterdessen weisen sich Europas Staaten gegenseitig die Schuld zu. Am Rande eines Sondertreffens in Brüssel von zehn EU-Ländern sowie Mazedonien, Serbien und Albanien sagte ein Diplomat: „Jeder ist versucht zu sagen, jemand anders ist schuld.“Die EU plant laut Entwurf für die Abschlusserklärung, innerhalb einer Woche über 400 Grenzschützer in Slowenien und auf dem Balkan einzusetzen.
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