Jetzt schauen wieder alle auf den Papst
Synode Das Bischofstreffen lässt entscheidende Fragen offen. Was zur Folge hat, dass die Kontrahenten in der katholischen Kirche nun auf ein Machtwort von Franziskus warten. Doch ob der Pontifex es ausspricht, ist ungewiss
Die Weltbischofssynode ist am Sonntag mit einem Gottesdienst im Petersdom zu Ende gegangen. Papst Franziskus und die knapp 270 Synodenväter feierten gemeinsam die Messe zum Abschluss einer Versammlung, in der die verschiedenen Sichtweisen über den künftigen Kurs der katholischen Kirche sichtbar zum Vorschein kamen. Unmittelbar nach der Veröffentlichung eines 50 Seiten langen Abschlussberichts wurde im Vatikan um die Deutungshoheit zu dem Papier gerungen, das den Charakter eines Kompromisses zwischen reformorientierten und traditionalistischen Bischöfen trägt.
Der Abschlussbericht der Synode zum Thema Ehe und Familie sei „ein wirklicher Schritt nach vorn“, behauptete Kardinal Reinhard Marx am Samstagabend vor Journalisten in Rom. Die Bischöfe auf der Versammlung hätten den Weg des Papstes unterstützt. Der als besonders reformorientiert geltende Bischof von Antwerpen, Johan Bonny, sagte auf einer Pressekonferenz: „Wir brauchen mehr Zeit.“Türen seien nun geöffnet, die Bischöfe befänden sich in einem Prozess. Papst Franziskus sagte beim Angelusgebet am Sonntag auf dem Petersplatz über die Synode: „Es war anstrengend, es wird aber gewiss viele Früchte bringen.“Aus konservativen Kreisen verlautete hingegen, die Synode habe das Lehramt von Johannes Paul II. „verdreht“.
Franziskus hatte in einem vor zwei Jahren angestoßenen Prozess auf die Hinwendung der katholischen Kirche zu mehr Verständnis für „pastoral schwierige Situationen“gedrängt. Dazu zählen die bis zuletzt auf der Synode umstrittenen Fragen der Beurteilung von Partnerschaften, die nicht dem katholischen Ideal der sakramentalen Ehe entsprechen und die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion.
Streitfragen wurden in dem in allen Punkten mit Zweidrittelmehrheit verabschiedeten Bericht weiterhin offengelassen. Bei der Frage der Beurteilung homosexueller Partnerschaften wiederholten die Bischöfe die im Katechismus ausgedrückte Haltung der katholischen Kirche. Darin wird der Respekt vor dem einzelnen Individuum geäußert, eine Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe aber nachdrücklich ausgeschlossen. Das knappste Abstimmungsergebnis mit einem Drittel Gegenstimmen wurde bei der Frage des Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen erzielt. Die Frage ist relevant, weil der Ausschluss wiederverheirateter Geschiedener von den Sakramenten in einigen Fällen als unbarmherzig empfunden wird.
In einem von der deutschsprachigen Sprachgruppe auf der dreiwöchigen Versammlung vorgeschlagenen Modell, für das sich letztendlich eine knappe Zweidrittelmehrheit der Teilnehmer aussprach, wird nach einem Weg der Besinnung eine Unterscheidung im Einzelfall und unter Aufsicht des Ortsbischofs empfohlen. Dieser Vorschlag hatte im Vatikan Aufsehen erregt, weil sich in der deutschsprachigen Gruppe scheinbar theologisch unversöhnliche Positionen wie die der Kardinäle Walter Kasper oder des Präfekten der Glaubenskongregation Gerhard Ludwig Müller gegenüberstanden. Im Abschlussbericht wird betont, dass es sich bei den 94 Absätzen um unverbindliche Empfehlungen an den Papst handelt.
Franziskus wird darin auch gebeten, ein lehramtliches Schreiben zu den aufgeworfenen Fragen zu verabschieden. Weder in seiner Schlussansprache am Samstagabend noch in der Predigt am Sonntag deutete Franziskus an, ob er diesem Wunsch nachkommen wird. In seiner Predigt am Sonntag warnte Franziskus jedoch vor einer abstrakten Lehre. „Ein Glaube, der nicht im Leben der Menschen verDiese wurzelt ist, bleibt dürr und schafft neue Wüsten anstatt Oasen.“Jesus wolle einschließen, vor allem die Ausgegrenzten. In seiner Schlussansprache hatte der Papst zudem die Berücksichtigung der kulturellen Wirklichkeit im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils gefordert. „Echte Hirten verteidigen nicht das bloße Wort, sondern den Geist, nicht Ideen, sondern den Menschen, nicht Formeln, sondern die kostenlose Liebe Gottes und seine Gnade.“
Im Abschlussdokument bemühen sich die Synodenteilnehmer um einen freundlichen und pastoralen Ton und betonen die Notwendigkeit, keine Pauschalurteile zu fällen, sondern Einzelfälle zu unterscheiden. Auffällig ist an mehreren Stellen auch die Empfehlung, den Ortsbischöfen in den Diözesen mehr Möglichkeiten bei der Entscheidung „schwieriger Situationen“zu geben. Papst Franziskus hatte in diesem Zusammenhang vor einer Woche den Prozess einer „heilsamen Dezentralisierung“angekündigt.
Die Weltbischofssynode stand am Ende eines Prozesses, den Papst Franziskus vor zwei Jahren mit der Versendung eines Fragebogens zu Ehe- und Sexualmoral an die Gläubigen in aller Welt startete. 2014 trafen sich die Bischöfe zu einer außerordentlichen Synode zum Thema Ehe und Familie, nun folgte das ordentliche Treffen mit dem Schlussbericht. „Gehen wir auf dem Weg weiter, den der Herr für uns vorgesehen hat“, sagte der Papst am Sonntag im Petersdom.