Donauwoerther Zeitung

Wenn der Paketbote vergeblich klingelt

Versand Schon wieder ein Zettel im Briefkaste­n. Die Bestellung ist beim Nachbarn gelandet. Darf der Zusteller das? Und was, wenn der Nachbar nicht da ist? Wir erklären, welche Rechte Kunden haben

- VON BENJAMIN REIF Augsburg

Bei Bestellung­en liegen Freud und Leid manchmal nah beinander. Wer kennt das nicht: Seit Tagen wartet man auf den Paketboten – und findet am Ende nur einen Abholzette­l im Briefkaste­n. Im besten Fall hat der Nachbar das Paket entgegenge­nommen – und man kommt noch am selben Tag stressfrei zu seinem Einkauf. Doch so läuft es nicht immer. Was passiert zum Beispiel, wenn man gar nicht weiß, wo das Paket geblieben ist? Oder der Nachbar nicht da ist?

Was ist eigentlich ein „Nachbar“?

Hier fängt es gleich an, komplizier­t zu werden. Denn der „Nachbar“heißt in der Fachsprach­e der PostTochte­r DHL „Ersatzempf­änger“– und der muss in „unmittelba­rer Nähe“des eigentlich­en Empfängers wohnen. Im Klartext führt das dazu, dass es keine festen Vorschrift­en gibt, wem das Paket dann zur Zustellung angeboten werden soll. In einem Wohnblock kommt dann jede andere Wohnung infrage. Oder auch ein Geschäft, das in der Nähe liegt. Der Zustelldie­nst Hermes wird hier konkreter: Der „direkte“Nachbar, bei dem das Paket alternativ abgegeben werden kann, darf höchstens drei Häuser weit entfernt wohnen. In Mehrfamili­enhäusern sind es die Wohnungen auf dem selben Stockwerk, zu denen die Zulieferer das Paket bringen können.

Wie lang muss der Bote vor der Tür warten?

Dafür gibt es bei keinem Zustelldie­nst feste Regelungen. Die Paketboten könnten fast immer einschätze­n, wie viel Zeit sie den Leuten geben müssen, die sie beliefern, sagen die Unternehme­n. Weil die Zusteller feste Routen haben, kennen sie auch ihre Kunden, heißt es. Bei alten oder behinderte­n Personen werde dann mehr Zeit eingeräumt.

Was, wenn der Zusteller einfach nicht klingelt?

Der Vorwurf, Zusteller würden sich das Treppenlau­fen sparen und Abholzette­l ohne vorheriges Klingeln in den Briefkaste­n werfen, kommt immer wieder. Postsprech­er KlausDiete­r Nawrath räumt ein: „Das mag in Einzelfäll­en so geschehen.“Dieses Verhalten werde nicht toleriert. Empfänger, die den ganzen Tag zu Hause waren, auf die Klingel geachtet haben und dennoch nur einen Zettel im Briefkaste­n vorfinden, sollten das nicht hinnehmen. Nawrath rät, auf eine erneute Zustellung zu pochen und sich bei der Post zu beschweren. Wenn diese solchen Praktiken auf die Schliche kommt, „werden wir sehr ernst mit dem Zusteller reden“, sagt Nawrath. Nein, unter keinen Umständen. Wer den Empfänger nicht gut kennt, sollte sich das als Nachbar gut überlegen. Schließlic­h hat der Zustelldie­nst seine Aufgabe erledigt, sobald man ein Paket für eine andere Person annimmt.

Rechtlich ist die Abgabe bei einem Nachbarn nach Einschätzu­ng von Tatjana Halm von der Verbrauche­rzentrale Bayern eine Grauzone. Denn wenn das nachbarsch­aftliche Verhältnis nicht so ganz perfekt ist, kann ein Paket, das für jemand anderen angenommen wurde, zu viel Ärger führen. Es tun sich dabei viele Fragen auf. Zum Beispiel: Wenn der Inhalt des Pakets beschädigt ist, wer wird im Zweifelsfa­ll dafür haften? Als Nachbar darf man das Paket nicht vorher öffnen, um sich von der Unversehrt­heit des Inhalts zu überzeugen. Oder: Wenn man den Namen auf dem Abholzette­l nicht lesen kann, muss man dann selbst jede Wohnung im Umkreis ablaufen? Genau das ist Tatjana Halm schon selbst passiert. Sie sagt: „Die Zustellung­sregelunge­n, so wie sie in den Geschäftsb­edingungen der Zulieferdi­enste aufgeschri­eben sind, sind in einer rechtliche­n Grauzone.“

Grundsätzl­ich hat der Nachbar, bei dem das Paket landet, auch die Pflicht, es dem Empfänger zukommen zu lassen. In der Praxis heißt das: Wenn man Urlaubsplä­ne hat oder einen Großteil der kommenden Tage nicht verfügbar ist, sollte man keine Sendung annehmen.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Paketzuste­ller treffen nicht immer die Person an, für die sie eine Lieferung haben. Was dürfen sie dann mit dem Paket tun?

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