Seehofer kommt zu Startbahngegnern
Luftverkehr Auch CSU-Mitglieder haben den Eindruck, dass sich der Ministerpräsident gegen die dritte Landebahn am Münchner Flughafen entschieden hat. Doch er dementiert
Für Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist es „eine der schwierigeren politischen Entscheidungen in meinem Leben“. Demnächst muss er sich festlegen: Kommt die dritte Startbahn am Münchner Flughafen oder nicht? Im November will Seehofer seine Entscheidung verkünden. Dass er sich bereits für einen Aufschub des Flughafenausbaus auf unbestimmte Zeit festgelegt habe, wie selbst CSULeute wissen wollen, dementiert er: „Das ist falsch.“Er wüsste im Moment nicht, was er seinem Kabinett im November vorschlagen sollte. An diesem Donnerstag beendet der Regierungschef erst einmal den im September begonnenen Dialogprozess. Zum Abschluss einer ganzen Reihe von Gesprächsrunden löst er sein Versprechen ein und trifft in Attaching die dort versammelten Startbahngegner. Das schon jetzt unter der direkten Flughafennähe leidende Dorf – es gehört zur Stadt Freising – wäre am schlimmsten vom Fluglärm einer weiteren Piste betroffen. Startende Jets würden im Minutenabstand in geringer Höhe über die Häuser donnern, Teile des 1000-Seelen-Dorfes müssten umgesiedelt werden.
Die Fakten liegen auf dem Tisch: Die Flughafengesellschaft München (FMG) mit Bund, Freistaat und Landeshauptstadt als Eigentümer hat seit dem Sommer höchstrichterlich bestätigtes Baurecht. Doch sieht sich die Münchner Rathausspitze an einen ablehnenden Bürgerentscheid aus dem Jahr 2012 gebunden. Die vier Kilometer lange Piste soll nach neuen Berechnungen der FMG an die 1,6 Milliarden kosten und damit deutlich teurer werden als geplant.
Zwar nutzen immer mehr Passagiere das neben Frankfurt einzige deutsche Drehkreuz im internationalen Luftverkehr. Die Zahl der Starts und Landungen stagniert jedoch, da die Maschinen immer größer werden und besser ausgelastet sind – für die Startbahngegner das Hauptargument in ihrem jahrelangen Abwehrkampf. „Wir haben heute weniger Flugbewegungen als 2007/2008“, sagte der Freisinger Abgeordnete und Umweltexperte Christian Magerl von den Grünen.
Am Donnerstag kommt der Ministerpräsident nun nach Attaching, wo mehrere der unterlegenen Kläger gegen die dritte Startbahn wohnen. „Wir werden Herrn Seehofer einen friedlichen, hoffnungsfrohen Empfang bereiten“, kündigte Hartmut Binner vom Aktionsbündnis „AufgeMUCkt“an. Trillerpfeifen würden nicht eingesetzt. „Es kann höchstens sein, dass jemand die Bayernhymne spielt.“Das können die Attachinger: Noch im Sitzungssaal, sangen sie das Lied der Bayern, als der Bayerische Verwaltungsgerichtshof sämtliche Klagen gegen das Projekt abschmetterte. Das genaue Besuchsprogramm von Seehofer steht noch nicht fest. Binner hat aber die Zusage, dass der Ministerpräsident sich die Sorgen der betroffenen Bewohner anhören wird. Ob Seehofer den Termin auch zu einem Rundgang durchs Dorf nutzen wird, ist offen. Immerhin zweieinhalb Stunden will er sich Zeit nehmen. Einige Attachinger nehmen sich eigens Urlaub.