Amüsanter Albtraum
Schauspiel Im neuen Ingolstädter „Tartuffe“stecken Frische und Witz
Außerordentlich erfolgreich ist das Stadttheater Ingolstadt in die fünfte Saison unter der Intendanz von Knut Weber gestartet. Alle Eröffnungsvorstellungen in den vier Spielstätten zeichneten sich durch hohe Qualität aus. Enthusiastischen Beifall gab es nun erneut nach der Premiere von Molières „Der Tartuffe“im Großen Haus.
Die 1664 im Schloss von Versailles uraufgeführte Komödie handelt von einem schurkischen Verstellungskünstler, der sich in der Maske eines zutiefst gottesfürchtigen Menschen in das Haus des wohlhabenden Pariser Bürgers Orgon einschleicht – mit der Absicht, dessen Vermögen an sich zu bringen, seine Gattin als Geliebte zu nutzen und dann auch noch deren Tochter zu heiraten. Weil der Hausherr und seine alte Mutter dem Tartuffe bis zum Realitätsverlust verfallen sind, scheint der geile Frömmler ans Ziel zu gelangen, tappt aber im letzten Moment in eine Falle.
Die kunstvoll gebaute Komödie in der flott gereimten Übersetzung von Simon Werle hat Johannes Lepper (Regie und Bühne) als amüsantes Albtraum-Spiel angelegt, wie vom Orgon-Darsteller zu Beginn am Mikrofon angekündigt. Im abstrakten hellen Bühnenraum mit minimalem Mobiliar wirbeln dann die von Monika Gebauer trefflich kostümierten Figuren nahe am absurden Theater durcheinander. Tartuffe (Olaf Danner), ein paranoider Spielertyp; Orgon (Ralf Lichtenberg), schlichter Biedermann; Schwager Cléante (Jan Gebauer), eine köstlich feiste Intellektuellenkarikatur; Elmire (Patricia Coridun), die attraktive, treue Gattin Orgons; die streitsüchtige Großmutter (Kathrin Becker). Herrlich komisch die tumbe Tochter Mariane (Yael Ehrenkönig), dazu ihr Bruder (Béla Milan Uhrlau) und der Liebhaber (Robert Naumann). Allesamt gut gezeichnete Typen in einer Inszenierung, die sich durch Frische, Leichtigkeit und hübsche Gags auszeichnet. Ein Sonderlob für den sprühenden Spielwitz von Victoria Voss als Zofe Dorine – obwohl leicht humpelnd, weil sie sich wenige Tage vor der Premiere eine schmerzhafte Verletzung zugezogen hatte. Das Publikum dankte der Tapferen mit Sonderapplaus, der Intendant überreichte einen Blumenstrauß.
Wieder am 30. und 31. Oktober, am 10., 21., 28., 29. November