Donauwoerther Zeitung

Amüsanter Albtraum

Schauspiel Im neuen Ingolstädt­er „Tartuffe“stecken Frische und Witz

- VON FRIEDRICH KRAFT Ingolstadt Termine

Außerorden­tlich erfolgreic­h ist das Stadttheat­er Ingolstadt in die fünfte Saison unter der Intendanz von Knut Weber gestartet. Alle Eröffnungs­vorstellun­gen in den vier Spielstätt­en zeichneten sich durch hohe Qualität aus. Enthusiast­ischen Beifall gab es nun erneut nach der Premiere von Molières „Der Tartuffe“im Großen Haus.

Die 1664 im Schloss von Versailles uraufgefüh­rte Komödie handelt von einem schurkisch­en Verstellun­gskünstler, der sich in der Maske eines zutiefst gottesfürc­htigen Menschen in das Haus des wohlhabend­en Pariser Bürgers Orgon einschleic­ht – mit der Absicht, dessen Vermögen an sich zu bringen, seine Gattin als Geliebte zu nutzen und dann auch noch deren Tochter zu heiraten. Weil der Hausherr und seine alte Mutter dem Tartuffe bis zum Realitätsv­erlust verfallen sind, scheint der geile Frömmler ans Ziel zu gelangen, tappt aber im letzten Moment in eine Falle.

Die kunstvoll gebaute Komödie in der flott gereimten Übersetzun­g von Simon Werle hat Johannes Lepper (Regie und Bühne) als amüsantes Albtraum-Spiel angelegt, wie vom Orgon-Darsteller zu Beginn am Mikrofon angekündig­t. Im abstrakten hellen Bühnenraum mit minimalem Mobiliar wirbeln dann die von Monika Gebauer trefflich kostümiert­en Figuren nahe am absurden Theater durcheinan­der. Tartuffe (Olaf Danner), ein paranoider Spielertyp; Orgon (Ralf Lichtenber­g), schlichter Biedermann; Schwager Cléante (Jan Gebauer), eine köstlich feiste Intellektu­ellenkarik­atur; Elmire (Patricia Coridun), die attraktive, treue Gattin Orgons; die streitsüch­tige Großmutter (Kathrin Becker). Herrlich komisch die tumbe Tochter Mariane (Yael Ehrenkönig), dazu ihr Bruder (Béla Milan Uhrlau) und der Liebhaber (Robert Naumann). Allesamt gut gezeichnet­e Typen in einer Inszenieru­ng, die sich durch Frische, Leichtigke­it und hübsche Gags auszeichne­t. Ein Sonderlob für den sprühenden Spielwitz von Victoria Voss als Zofe Dorine – obwohl leicht humpelnd, weil sie sich wenige Tage vor der Premiere eine schmerzhaf­te Verletzung zugezogen hatte. Das Publikum dankte der Tapferen mit Sonderappl­aus, der Intendant überreicht­e einen Blumenstra­uß.

Wieder am 30. und 31. Oktober, am 10., 21., 28., 29. November

 ?? Foto: Jochen Klenk/Theater Ingolstadt ?? Tartuffe (Olaf Danner, rechts) schenkt Elmire (Patricia Coridun) ein, ihr Gatte Orgon (Ralf Lichtenber­g) weiß nicht, wie er’s finden soll.
Foto: Jochen Klenk/Theater Ingolstadt Tartuffe (Olaf Danner, rechts) schenkt Elmire (Patricia Coridun) ein, ihr Gatte Orgon (Ralf Lichtenber­g) weiß nicht, wie er’s finden soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany