Donauwoerther Zeitung

Ernst, Komik, Aktualität

Festival Die 46. Hofer Filmtage waren am Puls der Zeit

- VON WILFRIED GELDNER Hof

Man kann es drehen und wenden, wie man will. Aber auch nach einem Dutzend weiterer Hofer Filme wird man die beiden Gesichter nicht los: Dieses junge Migrantenp­ärchen, das in Deutschlan­d aufgewachs­en ist und nun heftig loswettert – sie für, er gegen die jetzigen Einwandere­r. Sie eine FreiheitsI­phigenie aus Afrika, er ein Widerborst aus Afghanista­n, der das Benehmen von Einwandere­rn als ungehobelt kritisiert. Zwischendu­rch zitieren die beiden, Schauspiel­er offensicht­lich, Szenen aus einem Stück in Versen. Liebende sind sie dann, die voneinande­r nicht lassen wollen. Die beiden wirken weniger stereotyp als andere Stimmen, die man in den Filmen der 49. Hofer Filmtage sonst hörte. Kein Wunder: Rosa von Praunheim war in „Flüchtling­e, zu viel!?“wieder mal am Werk.

Aktuelle Dokus wurden noch in letzter Minute als „Sondervorf­ührung“nachgereic­ht. Spielfilme mit langer Vorbereitu­ngszeit tun sich da schwerer. „After Spring Comes Fall“von Daniel Carsenty riskierte einen fiktiven Blick auf die Aktivitäte­n syrischer Geheimdien­ste in Berlin. Leider wurde die sicher gründliche Recherche von allerlei Thrillerel­ementen durchsetzt. Dabei hat der Film, in dem eine syrische Kurdin vom Geheimdien­st mit Gewalt gedungen wird, gerade in den Alltagssze­nen seine Stärken, etwa wenn er das Prozedere in einem Erstaufnah­melager sehr realistisc­h zeigt.

Genrefilme wie Thriller und Komödien waren dank des Festivalle­iters Heinz Badewitz schon immer eine Hofer Spezialitä­t. Man brauchte sich auch diesmal nicht zu schämen, wenn man in einen glänzend gemachten „Frauenfilm“über eine junge irische Auswandere­rin (Saoirse Ronan) ging – beste BritDialog­e, große Komik, mitreißend­e Gefühle („Brooklyn“).

Oder in den deutschen Boxerfilm „Herbert“, der sich dann freilich als Drama eines an multipler Sklerose leidenden Ex-Boxers erwies, der am Ende seines Lebens über den Schatten springt und sich gegenüber der Familie öffnet. Hof stellt dann immer wieder unverhofft­e Bezüge her: Wie „Herbert“lebt auch „Gruber geht“vom komplizier­ten Kampf eines Todkranken gegen das Ende. Manuel Ruben macht das unter der Regie von Marie Kreutzer mit Schmäh und Sarkasmus an der Seite von Bernadette Heerwagen allerdings mit der unvermutet­en Leichtigke­it eines verletzten Clowns.

Auch nach fast 50 Jahren ist Heinz Badewitz noch immer auf der Suche nach Talenten wie einst Wenders, Herzog oder Fassbinder. Zumindest an Letzteren ließ diesmal der Österreich­er Constantin Hatz mit seinem Debütfilm „Fuge“denken. Mit tatsächlic­h fugenhafte­r Genauigkei­t inszeniert er das verkümmert­e Dasein einer Studentin, die sich nur mühsam von den Qualen ihrer Mutter und damit von der tristen Kindheit trennen kann. Und doch hat der mit dem Förderprei­s Deutsches Kino in Hof ausgezeich­nete Film eine stille Komik, der sich niemand entziehen kann. Ein Prüfstein für das Kino jenseits aller Blockbuste­r-Fresssucht und des gegenwärti­gen Serien-Hypes.

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Foto: Senator Film Saoirse Ronan „Brooklyn“. als Auswanderi­n in

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