Donauwoerther Zeitung

James-Bond-Fan darf Polen regieren

Porträt Beata Szydlo wird die neue Ministerpr­äsidentin. Sie will die Steuern senken und keine Flüchtling­e aufnehmen. Im Hintergrun­d zieht eine graue Eminenz die Fäden

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Szydlo. Beata Szydlo. So stellt sich die künftige Ministerpr­äsidentin Polens gerne selbst vor. Als Fan von James Bond kann sie sich das wohl einfach nicht verkneifen. Vor Parteifreu­nden spricht sie gerne über den britischen Spion im Auftrag Ihrer Majestät, welcher stets vor unlösbaren Aufgaben steht und sie doch immer wieder bewältigt. Und während die 52-Jährige über den fiktiven Superhelde­n aus dem Kino spricht, zieht sie Vergleiche zur Politik. „Wir stehen ebenfalls vor unlösbaren Aufgaben. Aber wir schaffen das.“Dann klingt Szydlo mehr wie Bundeskanz­lerin Angela Merkel als James Bond. Über Deutschlan­d verliert sie aber ansonsten kaum ein nettes Wort.

Beata Szydlo ist Mitglied der nationalko­nservative­n Partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski. Zusammen mit seinem 2010 bei einem Flugzeugun­glück verstorben­en Bruder Lech war Kaczynski lange an der Spitze des polnischen Staates. Als Ministerpr­äsident fiel der Politiker vor allem mit Hasstirade­n gegenüber Deutschlan­d und mit gewagten Forderunge­n gegenüber der EU auf. Inzwischen bleibt Kaczynski in der zweiten Reihe. Doch der Parteiführ­er zieht im Hintergrun­d die Fäden.

Auch Beata Szydlo verdankt Kaczynski ihren politische­n Aufstieg. In nur wenigen Jahren wurde die Mutter zweier Kinder zu einer kleinen Berühmthei­t in den Reihen der nationalko­nservative­n Partei. Nur wenige kannten die aus dem Süden Polens stammende Lokalpolit­ikerin, die bis dahin Bürgermeis­terin ihrer Heimatstad­t Brzeszcze war. Erst 2005 trat sie der Kaczynski-Partei bei und wurde im gleichen Jahr in den Sejm, das polnischen Parlament, gewählt. 2010 stieg Szydlo zur Stellvertr­eterin von Kaczynski auf. Sie dankte es ihm mit fast schon aufopferun­gsvoller Loyalität.

So arbeitete Szydlo im Frühjahr als Wahlkampfm­anagerin daran, den von ihrer Partei als Präsidents­chaftskand­idaten bestimmten Andrzej Duda ins Amt zu bringen. Als dieser im Mai in der Stichwahl gewann, war das auch ein Triumph für Beata Szydlo, die sich damit für größere Aufgaben empfahl. Kaczynski machte sie zur Kandidatin für das Amt der Ministerpr­äsidentin. In ihrem Wahlkampf setzte Szydlo auf populäre Themen. Vor allem auf dem Land erreichte sie viele ärmere Menschen mit ihren Versprechu­ngen von Steuersenk­ungen und Rentenerhö­hungen. Zugleich bezog sie in der Flüchtling­skrise knallhart Stellung: Polen solle keine Flüchtling­e aufnehmen, sagte sie. Szydlo gilt als absolute Feindin der Integratio­nspolitik der EU. Sie will „Polen verteidige­n, gegen Muslime und andere Kulturen“.

Damit sicherte Szydlo ihrer Partei die absolute Mehrheit. 38 Prozent stimmten für die PiS. Die zukünftige Ministerpr­äsidentin will „ohne Einfluss von außen“entscheide­n. Ihren Sieg feierte Beata Szydlo zusammen mit Jaroslaw Kaczynski. Sie wird jetzt Polens Ministerpr­äsidentin – im Auftrag der grauen Eminenz. Wolfgang Holzhauser

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