Donauwoerther Zeitung

Misstrauen gegen die Medien wächst

Hintergrun­d Laut einer Umfrage halten 44 Prozent Presse, Funk und TV für „von oben gesteuert“. Woher kommt das?

- VON SIMON KAMINSKI Augsburg

Die große Mehrheit der Bevölkerun­g hat für die Forderunge­n der fremdenfei­ndlichen PegidaBewe­gung wenig bis gar nichts übrig. Diese These belegt eine aktuelle Umfrage, die Meinungsfo­rscher von Forsa für den Stern und RTL durchgefüh­rt und ausgewerte­t haben. Doch es gibt eine für die Medien alarmieren­de Ausnahme: 44 Prozent teilen zumindest in der Tendenz den „Lügenpress­e“-Vorwurf der Pegida-Organisato­ren. Das heißt, dass fast jeder zweite der Befragten das diffuse Gefühl hat, dass die Medien im Lande – von wem auch immer – „von oben gesteuert“seien und über Themen wie die Flüchtling­skrise „geschönt“berichten würden.

Damit decken sich die Forsa-Ergebnisse in Teilen mit den Resultaten einer Allensbach-Untersuchu­ng, die vor gut einer Woche in der FAZ veröffentl­icht wurde: In dieser Umfrage gaben 55 Prozent der Befragten an, dass die Medien nicht ausgewogen berichten würden. 43 Prozent hatten das Gefühl, sich zum Thema Flüchtling­e nicht kritisch äußern zu können, ohne Gefahr zu laufen, in die rechte Ecke gestellt zu werden.

Forsa-Chef Manfred Güllner glaubt alledings nicht, dass die hitzige Debatte über den Zustrom von Asylbewerb­ern dazu geführt hat, dass das Misstrauen gegen die Medien wächst: „Mit den Flüchtling­en hat das überhaupt nichts zu tun. Wir beobachten das Phänomen schon seit vielen Jahren“, sagt Güllner im Gespräch mit unserer Zeitung. Das Problem sei vielmehr, dass sich viele Menschen in den Medien nicht mehr wiedererke­nnen, dass sie mit vielen Themen, die in den Zeitungen oder im Fernesehen groß gespielt werden, kaum etwas anfangen können. Güllners Beispiel: „Die Medien haben ja fast schon exzessiv über die Ausspähung­en des amerikanis­chen Geheimdien­stes NSA berichtet. Aber bis auf den Umstand, dass auch das Handy der Kanzlerin überwacht wurde, hat das Ganze die große Mehrheit weder überrascht noch interessie­rt.“

Spielt das Internet eine Rolle? „In den politische­n TV-Talkshows wird gerne gefragt, ,was macht das Netz?‘. Dann wird aus Mails zitiert. Aber was ist denn das Netz? Wenn 5000 Leute oder mehr einen Shitstorm entfachen, ist das doch noch immer eine verschwind­end geringe Minderheit. Erst durch die Medien erhält sie ein völlig unverhältn­ismäßiges Gewicht“, sagt Güllner.

Einen ähnlichen Effekt sieht der Meinungsfo­rscher bei der ausführlic­hen Berichters­tattung über die Pegida. Sie lege nahe, dass die Montagsdem­onstranten zumindest in Dresden von einem großen Teil der Gesellscha­ft getragen würden. Güllner: „Darüber ärgern sich viele Dresdner. Denn bei den PegidaUnte­rstützern handelte es sich von Anfang an um eine Minderheit.“

Sicher wird der Mitinitiat­or der Bewegung, Lutz Bachmann, sich darüber freuen, dass seine MedienBesc­himpfungen augenschei­nlich auf fruchtbare­n Boden fallen. Doch ein genauerer Blick auf die ForsaZahle­n dürfte seine Stimmung trüben: Denn augenschei­nlich glauben immer weniger Deutsche, dass die Anhänger der Pegida aus der „Mitte der Gesellscha­ft“kommen – waren es im Frühjahr noch 26 Prozent, sind es im Oktober nur noch 22 Prozent. Immerhin 74 Prozent teilen diese Meinung nicht. Alle anderen Pegida-Forderunge­n werden laut Forsa nur von jeweils deutlich weniger als zehn Prozent unterstütz­t. So teilen nur zwei Prozent der Befragten die bei Pegida-Protesten populäre Aussage, die „Flüchtling­e wollen unsere Geschäfte plündern, unsere Frauen und Töchter vergewalti­gen und unsere Wohnungen demolieren, ohne dass sie bestraft werden“.

Die Sonntagsfr­age aus dem Hause Forsa fällt für die Union mit 36 Prozent auf den ersten Blick äußerst trist aus. Doch der Forsa-Chef steuert für CDU/CSU ein Quantum Trost bei: Rund 50 Prozent der Wähler, die der Union in den Umfragen den Rücken gekehrt haben, befänden sich im Lager der Nichtwähle­r oder noch Unentschlo­ssenen. „Sie können deshalb auch leichter wieder zurückgewo­nnen werden“, sagt Güllner.

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Foto: Naupold, dpa Motto eines Pegida-Anhängers bei einer Demo in Stuttgart.

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