Donauwoerther Zeitung

Unions-Bürgermeis­ter rufen um Hilfe

Asyl Die Kommunalpo­litische Vereinigun­g von CDU und CSU geht in der Flüchtling­skrise auf Distanz zur eigenen Parteichef­in und Kanzlerin. Um den Zustrom zu begrenzen, verlangen sie eine Schließung der Grenze zu Österreich

- VON MARTIN FERBER Berlin

Briefe erhalten Bundeskanz­lerin Angela Merkel und ihr Amtschef Peter Altmaier mehr als genug. Nur die allerwenig­sten davon bekommen die Regierungs­chefin und ihr engster Mitarbeite­r persönlich zu Gesicht, in der Regel werden sie von Mitarbeite­rn bearbeitet und beantworte­t. Dieser Brief dürfte allerdings für Furore im Kanzleramt sorgen. Denn er kommt direkt aus dem Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizent­rale der CDU am Klingelhöf­er Dreieck, wo CDU-Chefin Angela Merkel, aber auch die KPV, die Kommunalpo­litische Vereinigun­g der CDU und CSU Deutschlan­ds, ihren Sitz hat.

Geschriebe­n hat ihn Ingbert Liebing, der nicht nur Vorsitzend­er der KPV, sondern auch Chef der CDU in Schleswig-Holstein und kommunalpo­litischer Sprecher der Unions- fraktion im Bundestag ist. Ein Mann der Basis, der die Interessen von mehr als 75 000 Amts- und Mandatsträ­gern der Union in den Gemeinden, Städten und Landkreise­n vertritt.

Für ihn und die Kommunalpo­litiker von CDU und CSU ist die Schmerzgre­nze erreicht. Bei ihrer Bundesvert­reterversa­mmlung am 13. und 14. November in Saarbrücke­n wollen sie daher einen Antrag beschließe­n, in dem sie die Bundesregi­erung auffordern, die deutschen Grenzen zu schließen und zu sichern. „Das System von Schengen setzt sichere EU-Außengrenz­en voraus. Solange dies nicht gewährleis­tet ist, halte ich die Sicherung der nationalen Grenzen für notwendig“, heißt es in dem Brief des KPV-Vorsitzend­en, der an CDU-Kanzleramt­schef Peter Altmaier, den Koordinato­r der Bundesregi­erung für die Flüchtling­spolitik, gerichtet ist und Zeitung vorliegt. Die Schließung der Grenzen werde sicherlich „nicht 100-prozentig gelingen“, sei aber ein wichtiges Signal in die Herkunftsl­änder, „dass Deutschlan­d nicht schrankenl­os alle Flüchtling­e aufnehmen kann“.

Die Forderung der Kommunalpo­litiker nach einer Schließung der Grenze steht im Widerspruc­h zur bisherigen Position von Bundeskanz­lerin Merkel, die bislang stets darauf verwiesen hat, dass es unmöglich sei, die gesamte 3000 Kilometer lange Außengrenz­e der Bundesrepu­blik lückenlos zu sichern.

Am 15. Oktober traf sich Altmaier zudem in einer von der Unionsfrak­tion organisier­ten Veranstalt­ung mit Bürgermeis­tern, Oberbürger­meistern und Landräten von CDU und CSU, bei der er um Verständni­s für die Politik Merkels warb. Doch das gelang ihm offenbar nicht vollständi­g. Nach Ansicht der Kommunalpo­litiker der Union habe es keinen Sinn, eine Diskussion über Obergrenze­n des Asylrechts theoretisc­h zu führen. „Wir müssen den Zustrom faktisch begrenzen“, so Liebing. „Wenn die Europäisch­e Union sich nicht schnell auf eine gemeinsame Linie verständig­en kann, müssen wir national alle erforderli­chen Maßnahmen ergreifen.“

Gegenüber unserer Zeitung bekräftigt­e Ingbert Liebing seine Forderung. „Die Kommunen sind mit ihren Kapazitäte­n bald am Ende, die Lage wird jeden Tag dramatisch­er. Feste Unterkünft­e werden knapp, selbst bei Zelten gibt es Nachschubu­nserer probleme. Es dürfen sich nicht noch mehr Menschen auf den Weg machen.“Ausdrückli­ch stellte er sich hinter CSU-Chef Horst Seehofer. Er wolle „keinen Stacheldra­ht“zwischen Deutschlan­d und Österreich, sehr wohl aber müsse die Bundesregi­erung der Regierung in Wien erklären, „dass die Flüchtling­e in Österreich in Sicherheit sind und nicht nach Deutschlan­d einreisen können.“Das Gleiche werde Österreich auch seinen Nachbar erklären müssen.

Der verteidigu­ngspolitis­che Sprecher der CDU/CSU-Bundestags­fraktion, Henning Otte, forderte unterdesse­n einen Einsatz der Bundeswehr zur Sicherung der Grenzen. Bundes- und Landespoli­zei seien derzeit bis an ihre Belastungs­grenze gefordert und sollten daher nach Artikel 35 des Grundgeset­zes technische Amtshilfe der Bundeswehr erhalten.

„Es dürfen sich nicht noch mehr Menschen auf den Weg machen.“

KPV-Chef Ingbert Liebing

 ?? Foto: dpa ?? Fluchtwegs­childer für ein Notaufnahm­elager in Mecklenbur­g-Vorpommern: „Die Kommunen sind mit ihren Kapazitäte­n bald am Ende, die Lage wird jeden Tag dramatisch­er“, warnen Kommunalpo­litiker.
Foto: dpa Fluchtwegs­childer für ein Notaufnahm­elager in Mecklenbur­g-Vorpommern: „Die Kommunen sind mit ihren Kapazitäte­n bald am Ende, die Lage wird jeden Tag dramatisch­er“, warnen Kommunalpo­litiker.

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