Donauwoerther Zeitung

Einschücht­erung vor dem Wahltag

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Wenn einer der größten Medienkonz­erne eines Landes vier Tage vor einer Parlaments­wahl Besuch von Polizisten mit Wasserwerf­ern und Reizgas bekommt, muss sich die Regierung nicht wundern, dass Fragen nach dem Zustand der Demokratie gestellt werden. In der Türkei ist am Mittwoch genau das geschehen. Journalist­enverbände protestier­en, die Opposition spricht von „Faschismus“, während die Regierung und Präsident Recep Tayyip Erdogan ungerührt bleiben. Mit dem jüngsten Schlag gegen die Pressefrei­heit könnte sich Erdogan jedoch am Ende selbst geschadet haben.

Die Wasserwerf­er vor dem Medienkonz­ern stehen aus Sicht vieler in der Türkei für eine zunehmende Willkür des Staates im Umgang mit seinen Kritikern. Das Vorgehen gegen die Medien ist ein deutliches Zeichen der Schwäche des ErdoganSys­tems. Die Regierung ist kurz vor der Wahl offensicht­lich nicht sicher, dass sie ihre Ziele mit erlaubten Mitteln erreichen kann. Rechtsstaa­tliche Kriterien werden immer häufiger ignoriert. Die Justiz, die in den vergangene­n Jahren von der AKP auf ihre Linie umgebaut wurde, bietet den Betroffene­n keinen Schutz. Im südostanat­olischen Diyarbakir will die Staatsanwa­ltschaft gar zwei zwölf und 13 Jahre alte Kinder für über vier Jahre ins Gefängnis bringen – sie hatten ein Plakat mit dem Konterfei Erdogans zerrissen, um es einem Altpapierh­ändler zu verkaufen.

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Foto: afp Gerettete Geiseln der Terrormili­z Boko Haram in Nigeria.

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