Das Konto für jedermann kommt
Finanzen Jetzt nimmt die Bundesregierung die Banken in die Pflicht: Eine Selbstverpflichtung hat nichts geholfen. Was sich nun ändert
Ob Miete, Strom oder Lohn: Ohne Girokonto geht es kaum. „Ein Konto zu haben ist ein Grundbedürfnis wie Nahrungsmittel oder eine Wohnung“, sagt Susanne Vetter von der Schuldnerberatung bei der Berliner Caritas. „Daher sollte es unabhängig von der Einkommenshöhe, negativer Schufa oder laufender Insolvenz für jeden verfügbar sein.“Dennoch gibt es nach Schätzungen der Verbraucherzentralen in Deutschland zwischen 700 000 und drei Millionen Menschen, die keinen Zugang zu einem Girokonto haben. Das soll sich ändern: Das Bundeskabinett will die Banken zu mehr Verbraucherfreundlichkeit zwingen.
Das Kabinett brachte gestern einen Gesetzentwurf auf den Weg, der die Geldinstitute verpflichtet, künftig auch Asylbewerber, ausländische Studenten, Geduldete oder Wohnungslose als Kunden zu akzeptieren. Jeder, der sich legal in der Europäischen Union (EU) aufhält, soll ab Juni einen Anspruch auf ein Basiskonto auf Guthabenbasis haben. Mit der Vorlage setzt die Regierungskoalition eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2014 um. Die Richtlinie betont, dass auch für hilfsbedürftige Menschen eine Teilnahme am EU-Binnenmarkt möglich sein muss. EU-weit sind nach Angaben der Bank für Sozialwirtschaft von der Richtlinie etwa 30 Millionen Bürger betroffen.
Eine freiwillige Selbstverpflichtungserklärung der Deutschen Kreditwirtschaft von 1995 zur Einführung von Jedermann-Konten erwies sich als weitgehend unwirksam. Der Verzicht auf ein Gesetz habe „die schwarzen Schafe unter den Banken geschützt, die sich den Kunden verweigern“, so der Chefredakteur der Zeitschrift Finanztest, Franz-Josef Tenhagen. Das Recht auf ein eigenes Konto erhöhe auch die Chancen bei der Arbeits- oder Wohnungssuche. Der Verbraucherzentrale Bundesverband erklärte, die Regelung sei ein „Meilenstein“. Als problematisch wertete die zuständige Referentin Christina Buchmüller, dass der Gesetzentwurf keine konkreten Vorgaben für Kontoführungsgebühren mache. Es bestehe die Gefahr, dass Banken so hohe Kosten veranschlagten, dass sie für sozial Schwache nicht bezahlbar seien.
Laut Gesetzentwurf soll der Inhaber des Basiskontos eine Bankkarte erhalten, er darf Geld abheben und überweisen. Er kann aber nicht sein Konto überziehen. Darüber hinaus müssen Kreditinstitute nach dem Gesetzentwurf ihre Girokonto-Gebühren künftig so veröffentlichen, dass auch Verbraucher ohne besondere Fachkenntnisse problemlos die Angebote vergleichen können.
Bei einigen Banken stößt das Gesetzesvorhaben auf wenig Begeisterung. Sie verweisen auf internationale Vorschriften zur Verhinderung von Geldwäsche, die eine eindeutige Identifizierung von Bankkunden verlangten. Zugleich hat der Gesetzgeber einige Ausnahmen zum Schutz der Institute vorgesehen, teilte das Bundesfinanzministerium mit. So darf eine Bank die Kontoeröffnung beispielsweise verweigern, wenn der Antragsteller bereits anderswo in Deutschland ein Konto hat oder bei größeren Zahlungsrückständen. Christoph Arens, kna