Kein ICE von Augsburg nach Nürnberg
Verkehr In der Gegenrichtung gibt es fast acht Monate lang nur eine Verbindung am Tag. Warum Bahnreisende 2016 auf viele gewohnte Annehmlichkeiten verzichten müssen
Bahnreisende, die aus Schwaben mit einem ICE Richtung Nürnberg und von dort möglicherweise nach Berlin oder Hamburg fahren wollen, müssen sich ab Januar auf einige Unannehmlichkeiten einstellen. Fast acht Monate lang fährt kein ICE zwischen Augsburg und der fränkischen Metropole, in der Gegenrichtung bleibt nur eine ICE-Verbindung übrig. Dafür werden zwischen beiden Städten die weniger modernen und nicht ganz so bequemen Intercitys eingesetzt, bestätigte ein Bahnsprecher in München auf Nachfrage.
Wer nach der Ursache sucht, findet sie im Norden Bayerns, in Oberfranken zwischen Bamberg und Lichtenfels. Dort wird die Strecke bis September komplett gesperrt, um bei Ebensfeld einen Anschluss an die künftige ICE-Strecke durch den Thüringer Wald nach Erfurt, Halle und Berlin zu bekommen. Das ist ein Elf-Milliarden-Bauvorhaben, das zu den bereits 1990 konzipierten „Verkehrsprojekten Deutsche Einheit“gehört und dessen Fertigstellung ursprünglich einmal im Jahr 2000 angestrebt wurde.
Jetzt gehen die Arbeiten mit jahrelanger Verzögerung in die Schlussphase. Der Abschnitt zwischen Erfurt und Halle/Leipzig soll schon zum anstehenden Fahrplanwechsel am 13. Dezember in Betrieb gehen. Ab Ende 2017 wird sich die Fahrzeit zwischen Nürnberg und Berlin von heute knapp fünf auf etwa drei Stunden verkürzen, so der Bahnsprecher. Die Fahrt ab Augsburg in die Hauptstadt dauert dann noch etwa vier Stunden und 40 Minuten statt heute rund sechs.
Im kommenden Jahr ist die Reise allerdings mit längeren Wegen und zusätzlichem Umsteigen verbunden. Die im Zwei-Stun- den-Takt über Augsburg fahrenden ICE zwischen München und Berlin sind zwischen dem 12. Januar 2016 und dem 2. September 2016 aus dem Fahrplan gestrichen. An ihre Stelle rücken genauso schnelle Intercitys, die zu einem Teil auf der etwas außergewöhnlichen Route von München über Augsburg nach Nürnberg und von dort weiter über Aalen und Stuttgart nach Karlsruhe fahren.
Wer via Augsburg nach Berlin will, muss entweder eine der über Ansbach führenden ICEoder Intercityverbindungen nutzen und dann in Göttingen umsteigen. Oder er fährt nach Nürnberg, steigt dort zuerst in einen Zug Richtung Hamburg und dann in Göttingen in einen Richtung Berlin um. Das ist – so lange die Strecke über Erfurt nicht fertig ist – auch ohne Baustelle immer noch die zeitlich schnellste Verbindung.
Als die Bahn ihren „Baustellenfahrplan“im Frühjahr der regionalen Politik und Wirtschaft präsentierte, war die Begeisterung nicht groß. Immerhin konnten die Vertreter der Stadt Augsburg, des Landkreises Donau-Ries und der Industrieund Handelskammer erreichen, dass sich für Pendler von und nach Donauwörth keine Verschlechterung ergibt, die in den ursprünglichen Plänen noch enthalten war.
Im Übrigen müssen die Reisenden zumindest auf dem Weg von Nürnberg nach Augsburg nicht vollkommen auf den ICE-Komfort verzichten: In den frühen Morgenstunden – gut für Pendler – gibt es wenigstens eine Verbindung mit dem Hochgeschwindigkeitszug (Nürnberg ab: 6:15 Uhr). In umgekehrter Richtung allerdings: Fehlanzeige.