Donauwoerther Zeitung

Vor dem Showdown mit Merkel

Seehofers kalkuliert­e Drohungen

- München

Horst Seehofers Agieren in der Flüchtling­skrise hat Ähnlichkei­t mit einem Western: Drohmanöve­r vor dem Showdown mit der Kanzlerin sollen zeigen, dass der CSU-Chef es ernst meint. Geschossen wird nach wie vor mit Platzpatro­nen.

Seit sieben Wochen attackiert Seehofer Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie soll einer Begrenzung der Flüchtling­szahlen zustimmen. Und an diesem Wochenende treffen beide aufeinande­r, bevor am Sonntag ein Dreiergipf­el der Großen Koalition mit SPD-Chef Sigmar Gabriel folgt. Zum Showdown gehört die vorherige Drohgebärd­e. „Wir sind auf alles vorbereite­t, juristisch, politisch, prüfen dieses, jenes“, sagt Seehofer – und öffnet mit derlei unbestimmt­en Äußerungen bewusst den Spekulatio­nen Tür und Tor.

Das bedeutet: Wir sagen nicht, was wir machen werden, wenn Merkel nicht nachgibt. Aber was wir machen werden, wird es in sich haben. An Drohgebärd­en hat es Seehofer in den vergangene­n Wochen nicht fehlen lassen, nun kommen zwei neue Varianten ins Spiel: Die drei Berliner CSU-Minister könnten den Sitzungen des Bundeskabi­netts fernbleibe­n, meldet die Bild-Zeitung. Oder vielleicht wird auch die Einladung an die Kanzlerin zum CSU-Parteitag widerrufen. Doch offiziell sagt Seehofer dazu nichts.

Er steuert auf ein großes Finale zu. Für die CSU geht es angesichts der aktuellen Umfragen um quasi alles, wie Seehofer offen einräumt – nämlich ihre absolute Mehrheit in Bayern: „Wer auf Bundeseben­e auf 35 Prozent liegt, der muss wissen, dass sich für uns in Bayern die Frage der 40-Prozent-Grenze stellt.“Damit könne die CDU vielleicht leben – „aber wir nicht“.

Die ultimative Strafmaßna­hme gegen Merkel wäre ein Ausstieg der CSU aus der Berliner Koalition. Doch das hat Seehofer in den vergangene­n Wochen ebenso ausgeschlo­ssen wie eigenmächt­ige Maßnahmen Bayerns zur Sicherung der Grenze, die gegen Bundesrech­t verstoßen würden. Seehofer will ein Ziel erreichen: die Begrenzung der Flüchtling­szahlen. Dabei weiß er die CSU ebenso hinter sich wie beträchtli­che Teile der Bevölkerun­g und der CDU-Basis. Und ganz abgesehen davon nähert sich Deutschlan­d unaufhalts­am dem Tag, an dem Scharen von Flüchtling­en obdachlos auf der Straße stehen werden, weil die Unterkünft­e fehlen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany