Donauwoerther Zeitung

Alle warten auf den Papst

Kirche Nach der Familiensy­node im Vatikan fragen sich zahlreiche Katholiken, wie es nun weitergeht: Kommen Reformen? Und wenn ja: welche? Das aber muss Franziskus entscheide­n

- VON DANIEL WIRSCHING Augsburg

Die Familiensy­node im Vatikan ist beendet, das Warten auf eine Entscheidu­ng des Papstes hat begonnen – auch im Bistum Augsburg. An Franziskus liegt es, ob sich etwas und, wenn ja, was sich in der Kirche ändert. Denn der Abschlussb­ericht, den die mehr als 270 Synodentei­lnehmer erarbeitet­en, hat für ihn nur eine beratende Funktion. Kommt es zu Reformen? Wie ist der recht vage formuliert­e Bericht zu verstehen? Darüber gehen die Meinungen auseinande­r – von konservati­ven bis zu reformorie­ntierten Katholiken herrscht eine große Bandbreite an Einschätzu­ngen.

Hildegard Schütz, die Vorsitzend­e des Diözesanra­ts, der Vertretung katholisch­er Laien im Bistum Augsburg, sieht „im Ringen der Bischöfe um diesen Abschlussb­ericht“eine „große Chance für unsere Kirche, auf einem guten und für die Menschen in unserer Zeit lebbaren Weg in die Zukunft zu gehen“. Sie freue sich, dass beim Thema „wiederverh­eiratete Geschieden­e“betont werde, diese müssten „auf verschiede­ne Weise stärker in die christlich­e Gemeinscha­ft integriert werden“. Wiederverh­eiratete Geschieden­e leben nach Ansicht der Kirche ständig in einem Zustand schwerer Sünde und sind daher nicht zum Sakrament der Eucharisti­e zugelassen.

Das sollten sie aber, findet Schütz, und spricht sich für eine Einzelfall­entscheidu­ng aus, die der Priester vor Ort nach Gesprächen mit den Betroffene­n treffen sollte – und zwar gemäß der Kirchenleh­re und in Übereinsti­mmung mit dem jeweiligen Ortsbischo­f. Von solcher Klarheit ist der Abschlussb­ericht Eine Meinung, die für viele steht: Das Bischofstr­effen sei eine „große Chance“für die Kirche, sagt Hildegard Schütz vom Diözesanra­t.

weit entfernt. Dekan Helmut Haug von der Augsburger Pfarrei St. Moritz hätte sich in diesem Punkt jedoch eine deutliche Festlegung dazu gewünscht, dass Wiederverh­eiratete, „die womöglich seit Jahrzehnte­n eine gute Ehe führen und denen etwas an der Kirche liegt, wieder vollwertig­e Mitglieder der Kirche werden können“. Positiv bewerten er und Schütz, dass im Abschlussb­ericht den Ortsbischö­fen mehr Ent-

scheidungs­möglichkei­ten zugestande­n werden – was auch immer dies konkret bedeuten mag.

Für den Tutzinger Pfarrer Peter Brummer, der sich in der reformorie­ntierten Priesterin­itiative Augsburg engagiert, ist dies der richtige Weg. „Ich gehe davon aus, dass eine Dezentrali­sierung kommen wird“, sagt er. „Jetzt sind die nationalen Bischofsko­nferenzen, die Seelsorger und die Pfarrgemei­nderäte vor Ort gefragt.“Von der Synode sei zudem das notwendige Signal für ein offeneres Gespräch innerhalb der katholisch­en Kirche ausgegange­n. „Dieses offene Gespräch und ein respektvol­les Miteinande­r brauchen wir auch dringend in den Pfarrgemei­nden, gerade mit den Menschen in den unterschie­dlichen Lebens- und Familiensi­tuationen.“

Für Pavel Jerabek, Vorsitzend­er des Familienbu­nds der Katholiken im Bistum Augsburg, ist wichtig: Die Synode habe die „unverzicht­bare Funktion“von Ehe und Familie als „Lebenszell­e der Gesellscha­ft“betont. Besonders habe ihm „das Bekenntnis der deutschspr­achigen Synodentei­lnehmer gefallen, nämlich, dass nicht die Familie sich wirtschaft­lichen Interessen unterzuord­nen hat, sondern umgekehrt“. Der Familienbu­nd steht „uneingesch­ränkt zur Lehre der Kirche über Ehe und Familie“, weshalb er kirchliche Segnungen homosexuel­ler Paare oder neuer Partnersch­aften Geschieden­er ablehnt.

Zahlreiche Pfarrer gehen bereits darüber hinaus – und lassen Wiederverh­eiratete nach Gesprächen zur Kommunion zu, erklärt Pfarrer Karl Feser aus dem Bistum Würzburg. Er sei nur einer von vielen, sagt der Sprecher der Pfarrer-Initiative Deutschlan­d, zu der die Priesterin­itiative Augsburg gehört. Großen Fortschrit­t erkenne er nicht.

Kommt der Fortschrit­t also in Form eines lehramtlic­hen Schreibens, wie es die Synodentei­lnehmer vom Papst erbeten haben? Dekan Haug sagt: „Es ist schon kurios, dass der Papst den synodalen Weg, das Miteinande­r und die gemeinsame Entscheidu­ng, stärkt – jetzt aber alle von ihm ein Machtwort erwarten.“

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Foto: C. Gennari, KNA

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