Alle warten auf den Papst
Kirche Nach der Familiensynode im Vatikan fragen sich zahlreiche Katholiken, wie es nun weitergeht: Kommen Reformen? Und wenn ja: welche? Das aber muss Franziskus entscheiden
Die Familiensynode im Vatikan ist beendet, das Warten auf eine Entscheidung des Papstes hat begonnen – auch im Bistum Augsburg. An Franziskus liegt es, ob sich etwas und, wenn ja, was sich in der Kirche ändert. Denn der Abschlussbericht, den die mehr als 270 Synodenteilnehmer erarbeiteten, hat für ihn nur eine beratende Funktion. Kommt es zu Reformen? Wie ist der recht vage formulierte Bericht zu verstehen? Darüber gehen die Meinungen auseinander – von konservativen bis zu reformorientierten Katholiken herrscht eine große Bandbreite an Einschätzungen.
Hildegard Schütz, die Vorsitzende des Diözesanrats, der Vertretung katholischer Laien im Bistum Augsburg, sieht „im Ringen der Bischöfe um diesen Abschlussbericht“eine „große Chance für unsere Kirche, auf einem guten und für die Menschen in unserer Zeit lebbaren Weg in die Zukunft zu gehen“. Sie freue sich, dass beim Thema „wiederverheiratete Geschiedene“betont werde, diese müssten „auf verschiedene Weise stärker in die christliche Gemeinschaft integriert werden“. Wiederverheiratete Geschiedene leben nach Ansicht der Kirche ständig in einem Zustand schwerer Sünde und sind daher nicht zum Sakrament der Eucharistie zugelassen.
Das sollten sie aber, findet Schütz, und spricht sich für eine Einzelfallentscheidung aus, die der Priester vor Ort nach Gesprächen mit den Betroffenen treffen sollte – und zwar gemäß der Kirchenlehre und in Übereinstimmung mit dem jeweiligen Ortsbischof. Von solcher Klarheit ist der Abschlussbericht Eine Meinung, die für viele steht: Das Bischofstreffen sei eine „große Chance“für die Kirche, sagt Hildegard Schütz vom Diözesanrat.
weit entfernt. Dekan Helmut Haug von der Augsburger Pfarrei St. Moritz hätte sich in diesem Punkt jedoch eine deutliche Festlegung dazu gewünscht, dass Wiederverheiratete, „die womöglich seit Jahrzehnten eine gute Ehe führen und denen etwas an der Kirche liegt, wieder vollwertige Mitglieder der Kirche werden können“. Positiv bewerten er und Schütz, dass im Abschlussbericht den Ortsbischöfen mehr Ent-
scheidungsmöglichkeiten zugestanden werden – was auch immer dies konkret bedeuten mag.
Für den Tutzinger Pfarrer Peter Brummer, der sich in der reformorientierten Priesterinitiative Augsburg engagiert, ist dies der richtige Weg. „Ich gehe davon aus, dass eine Dezentralisierung kommen wird“, sagt er. „Jetzt sind die nationalen Bischofskonferenzen, die Seelsorger und die Pfarrgemeinderäte vor Ort gefragt.“Von der Synode sei zudem das notwendige Signal für ein offeneres Gespräch innerhalb der katholischen Kirche ausgegangen. „Dieses offene Gespräch und ein respektvolles Miteinander brauchen wir auch dringend in den Pfarrgemeinden, gerade mit den Menschen in den unterschiedlichen Lebens- und Familiensituationen.“
Für Pavel Jerabek, Vorsitzender des Familienbunds der Katholiken im Bistum Augsburg, ist wichtig: Die Synode habe die „unverzichtbare Funktion“von Ehe und Familie als „Lebenszelle der Gesellschaft“betont. Besonders habe ihm „das Bekenntnis der deutschsprachigen Synodenteilnehmer gefallen, nämlich, dass nicht die Familie sich wirtschaftlichen Interessen unterzuordnen hat, sondern umgekehrt“. Der Familienbund steht „uneingeschränkt zur Lehre der Kirche über Ehe und Familie“, weshalb er kirchliche Segnungen homosexueller Paare oder neuer Partnerschaften Geschiedener ablehnt.
Zahlreiche Pfarrer gehen bereits darüber hinaus – und lassen Wiederverheiratete nach Gesprächen zur Kommunion zu, erklärt Pfarrer Karl Feser aus dem Bistum Würzburg. Er sei nur einer von vielen, sagt der Sprecher der Pfarrer-Initiative Deutschland, zu der die Priesterinitiative Augsburg gehört. Großen Fortschritt erkenne er nicht.
Kommt der Fortschritt also in Form eines lehramtlichen Schreibens, wie es die Synodenteilnehmer vom Papst erbeten haben? Dekan Haug sagt: „Es ist schon kurios, dass der Papst den synodalen Weg, das Miteinander und die gemeinsame Entscheidung, stärkt – jetzt aber alle von ihm ein Machtwort erwarten.“