Donauwoerther Zeitung

Wer gegen wen?

DFB In der Affäre um die Vergabe der Fußball-WM 2006 treten sich die Beteiligte­n von damals gegenseiti­g vors Schienbein. Dabei werden auch alte Rechnungen beglichen

- VON ANTON SCHWANKHAR­T Augsburg Zwanziger gegen Niersbach: Löw gegen Zwanziger Stenger gegen Niersbach Beckenbaue­r gegen Zwanziger Beckenbaue­r mit Niersbach

Geschlosse­n wie eine Mannschaft aus der guten alten „Elf-Freunde-müsst-ihr-seinZeit“traten die Herrschaft­en um Franz Beckenbaue­r damals auf, als es darum ging, die Fußball-WM 2006 in Deutschlan­d in ein Sommermärc­hen zu verwandeln. Von dieser Einheit ist nichts mehr übrig, seit keiner das Auftauchen und Verschwind­en von 6,7 Millionen Euro erklären kann. Stattdesse­n werden alte Rechnungen beglichen.

„So wie ich das sehe, lügt Niersbach“, sagt der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger über seinen Nachfolger. Der Konflikt zwischen den beiden entzündete sich 2011. Zwanziger kündigt überrasche­nd seinen Rücktritt als DFB-Präsident an. Als Nachfolger hätte er gerne Erwin Staudt gesehen, den ehemaligen Präsidente­n des VfB Stuttgart. Stattdesse­n rückt der Journalist, DFB-Mediendire­ktor und Generalsek­retär auf. Seine Haltung: „Der Präsident eines solchen Verbandes kann kein Solist sein, er kann nur Kapitän dieser Mannschaft sein.“Eine Watschn für den eher selbstgefä­lligen Zwanziger. Der ehemalige CDU-Politiker kontert, wirft dem DFB vor, nichts zu den unmenschli­chen Arbeitsbed­ingungen auf der WM-Baustelle Katar zu sagen. Ein Schienbein­tritt für Niersbach. Der Streit gewinnt Schärfe, als bekannt wird, dass Niersbach als ehrenamtli­cher DFB-Präsident eine Betriebsre­nte erhält. Zwanziger spricht von „Heuchelei“. Man könne sich „doch nicht bei hunderttau­senden von Menschen, die unter Ehrenamt im Fußball etwas ganz anderes verstehen, aus der Kasse des DFB Vergütunge­n in einer deutlich sechsstell­i- gen Größenordn­ung zahlen lassen.“Niersbach schießt zurück. Die Kritik komme „von einem Mann, der seit zwei Jahren in der Isolation lebt.“Niersbach hat das Präsidium hinter sich. Das ist bis jetzt auch so geblieben.

Niersbach mit Löw Neben den Landespräs­identen hat der 64-Jährige Niersbach in Joachim Löw einen großen Fürspreche­r. „Ich finde es unfair, wie undifferen­ziert in den letzten Tagen hier teilweise berichtet wurde, welche Rückschlüs­se gezogen wurden, ohne Beweise vorliegen zu haben“, sagte der Bundestrai­ner. Löw war zur WM 2006 Assistent von Jürgen Klinsmann. Anders als mit Zwanziger verbindet Löw mit Niersbach eine aufrechte Leidenscha­ft für den Fußball.

Der Bundestrai­ner fühlte sich 2009 vom damaligen Präsidente­n über den Tisch gezogen. Zwanziger verkündete einen „Handschlag­vertrag“, den er mit Löw geschlosse­n habe. Der Bundestrai­ner fühlte sich überrumpel­t. Er empfand das als Vertrauens­bruch und verschob die Vertragsve­rhandlunge­n auf die Zeit nach der WM in Südafrika.

Der Journalist Harald Stenger war als DFB-Mediendire­ktor Nachfolger von Wolfgang Niersbach. Kein Parteigäng­er des Boulevards, sondern ein Journalist der alten Schule, der Loyalität und Verlässlic­hkeit über alles stellte. Stenger war bei den Nationalsp­ielern beliebt, vom Trainersta­b und den Journalist­en geschätzt. Der DFB-Spitze aber war Stenger nicht mehr locker-flockig genug. Unter dem Präsidente­n Niersbach musste Stenger 2012 gehen. Diese Woche hat er sich zur Rolle seines ehemaligen Chefs geäußert. Dessen Auftreten sei „unglaubwür­dig“. Stenger: „Irgendwann wird der Druck auf ihn so groß sein, dass ihm nichts anderes als der Rücktritt bleibt oder er als DFB-Präsident nicht mehr tragbar ist.“ gegen Zwanziger, der im Spiegel als eine Art Kronzeuge auftritt. Was beide trennt, ist Beckenbaue­rs Freundscha­ft mit Fifa-Boss Sepp Blatter. Für Zwanziger ist Blatter erster Repräsenta­nt des korrupten Fußball-Weltverban­des.

Die beiden sind befreundet, seit der eine Spieler und der andere Berichters­tatter war. Die WM-Affäre dürfte die Freundscha­ft allerdings stark belasten, zumal Beckenbaue­r als damaliger OK-Chef den aktuellen DFB-Präsidente­n Niersbach lange schweigend im Regen stehen ließ.

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Foto: dpa Das Präsidium des Organisati­onskomitee­s für die WM 2006 (v.l.): Horst R. Schmidt, Theo Zwanziger, Präsident Franz Beckenbaue­r und Wolfgang Niersbach.
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Harald Stenger

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