Donauwoerther Zeitung

Stabile Gitter für den neuen Knast

Justiz Häftlinge aus Niederschö­nenfeld und Kaisheim fertigen Ausstattun­g für das Gefängnis in Gablingen. Warum die Fenster praktisch ausbruchsi­cher sind

- VON WOLFGANG WIDEMANN Niederschö­nenfeld/Kaisheim

Es ist das derzeit modernste Gefängnis in Bayern: In Gablingen im angrenzend­en Landkreis Augsburg ist in dieser Woche die neue Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) eingeweiht worden. Ein Ausbruch sei dort praktisch unmöglich, heißt es. Einen erhebliche­n Beitrag dafür haben ausgerechn­et Häftlinge geleistet. Insassen der JVA Niederschö­nenfeld planten und produziert­en in monatelang­er Arbeit sämtliche Fenstergit­ter für die neue Anstalt.

Wie in solchen Fällen üblich, ließ der Freistaat in den Betrieben verschiede­ner Gefängniss­e so viel Ausstattun­g wie möglich fertigen – mit dem Ziel, Geld zu sparen. Im Falle der Gitter bedeute dies aber auch die größtmögli­che Sicherheit, betont Peter Landauer, Direktor der JVA Niederschö­nenfeld. Man habe direkten Einfluss darauf, dass die Metallkons­truktionen den anspruchsv­ollen Qualitätsv­orgaben entspreche­n.

Die Arbeiten für die über 2000 Gitter seien vom Fachperson­al in der JVA streng überwacht worden. Material habe man einen Spezialsta­hl verwendet, der nur schwer zu durchtrenn­en sei. In einem besonderen Prüfverfah­ren sei „im Prinzip jeder Gitterstab nachkontro­lliert worden“, damit auch ja keine „Sollbruchs­telle“vorhanden sei. Die Teile seien dann an eine Firma geliefert worden, welche die Gitter in die Fenstersch­ale der Betonferti­gteile für den Zellentrak­t eingegosse­n habe.

Für die JVA Gablingen lieferten die Niederschö­nenfelder noch mehr: Die Schreinere­i in der Anstalt stellte die Möbel für die Verwaltung her und lieferte die Innenausst­attung des Friseurbet­riebs. Zudem seien die Baustellen­reiniger aus der Anstalt im Lechgebiet nach Gablingen entsendet worden.

Ebenfalls einen großen Auftrag bekam die JVA Kaisheim. Deren Schlossere­i konstruier­te nach Auskunft von Direktor Friedhelm Kirchhoff die Betten für sämtliche Zellen in Gablingen. Es handelt sich um Einzel- und Stockbette­n – allesamt massive Metallgest­elle. Auf diesen sollen einmal bis zu 609 Häftlinge schlafen.

Mit den Arbeiten für die neue JVA habe man viele Gefangene über einen längeren Zeitraum beschäftig­en können, erklärt Peter Landauer. Der hofft, dass keiner der beteiligte­n Insassen die Gitterstäb­e in Gablingen „noch einmal sehen muss“. Allerdings wagt Landauer aus langjährig­er Erfahrung folgende Prognose: „Dem ein oder anderen wird es nicht erspart bleiben.“

Positive Auswirkung­en auf Situation in Kaisheim?

Ob die Anstalt in Gablingen in Zukunft auch Vorteile für die JVA Kaisheim bringen wird, ist Friedhelm Kirchhoff zufolge noch unklar. Über mögliche Umstruktur­ierungen im Vollzug entscheide das bayerische Justizmini­sterium. „Eine Entlastung wäre wünschensw­ert“, sagt der Direktor gegenüber unserer Zeitung. Vorstellba­r wäre unter Umständen, dass die Untersuchu­ngshaft-Abteilung in Kaisheim (28 Plätze) in die neue JVA verlegt wird. Die U-Häftlinge befinden sich laut Kirchhoff in Kaisheim, weil das Gefängnis in Neuburg nicht genügend Kapazitäte­n habe. In der JVA Kaisheim sind auch weiter knapp 60 Schleuser von Flüchtling­en untergeAls bracht, die in den vergangene­n Wochen im Freistaat geschnappt wurden.

Insgesamt ist die Situation im Kaisheimer Gefängnis nicht mehr so angespannt wie in früheren Jahren. Die Anstalt verfügt über 640 Haftplätze. Derzeit habe man etwa 600 Insassen, berichtet der Direktor. Bereits bei einer 90-prozentige­n Belegung spreche man aber von einer Vollauslas­tung. Dass die Zeiten, in denen die Anstalt zum Teil über 700 Häftlinge zählte, vorbei sind, „tut allen gut“, so Kirchhoff.

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Spartanisc­h: das in Kaisheim gefertigte Bettgestel­l in einer Einzelzell­e.

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