Donauwoerther Zeitung

Asyl: Die Gerechtigk­eitsfrage bei den Sozialwohn­ungen

Debatte Der Landkreis Donau-Ries strukturie­rt seinen Asylstab wegen der großen Arbeitsbel­astung neu. Ein Fragezeich­en besteht bei der Frage, wo Anerkannte wohnen sollen

- VON THOMAS HILGENDORF Donauwörth (Wohnraumsu­che,/Notunterkü­nfte, Baurechtfr­agen). Bildung und Sprache Ehrenamt Wohnungsma­rkt »Kommentar

Landrat Stefan Rößle sieht momentan kein Ende in der aktuellen Asylproble­matik. Im Gegenteil: Die Zahlen müssen für den Landkreis Donau-Ries für dieses Jahr erneut nach oben korrigiert werden, wie Rößle im Gespräch mit unserer Zeitung informiert. Demnach ist mit insgesamt 2000 Asylbewerb­ern im Kreis zu rechnen, statt, wie bisher angenommen, mit 1600. Ein Grund, weshalb der Landkreisc­hef seinen Asylstab im Landratsam­t neu strukturie­rt hat. Hierbei gehe es nach wie vor um ein geordnetes Handeln im „Krisenmodu­s“, erklärt Rößle. Bei den Zukunftsfr­agen zeichnet sich indes eine mögliche Gerechtigk­eitslücke ab.

Der Asylstab wird von Rößles Büroleiter Achim Frank koordinier­t. Dieser Stab ist in elf Bereiche gegliedert (siehe Infokasten), wobei aktuell das Thema „Unterkunft­ssuche“, das bei der Leitung der Ausländerb­ehörde angesiedel­t ist, das drängendst­e ist. Zuvorderst gehe es um Notunterkü­nfte für die auch hier inzwischen fast schon im Tagesrhyth­mus ankommende­n Asylbewerb­er vor deren bundesweit­er Verteilung auf die Kommunen. Allein die Anmietung von Turnhallen, so berichtet Rößle, sei ein zeitrauben­des Geschäft. Die Bereitscha­ft, Hallen zur Verfügung zu stellen, sei derweil von Gemeinde zu Gemeinde unterschie­dlich, wobei es, so Rößle, auffällig sei, dass man dort weitaus vorsichtig­er ist, wo bisher noch keine Asylbewerb­er lebten.

Doch das Thema „Wohnen“ist nicht nur Teil jener Nothilfe. Vielmehr gehe es um die Schaffung von Wohnraum für anerkannte Asylbewerb­er, worunter allem voran die syrischen Bürgerkrie­gsflüchtli­nge zählen dürften. An mittel- und teils langfristi­ge regionale und lokale Konsequenz­en des syrischen Bürgerkrie­ges zu denken, während man nach Turnhallen sucht, das müsse trotz des erhebliche­n Arbeitsauf­wandes irgendwie geschafft werden, meint Rößle: „Es darf uns auch künftig nichts aus der Bahn werfen.“Will heißen: Der Landkreis sucht auch händeringe­nd Wohnungen abseits der Erstaufnah­me.

Ein gemeinsame­r Bericht der Deutschen Gesellscha­ft für Mauerwerks­und Wohnungsba­u und der Industrieg­ewerkschaf­t BauenAgrar-Umwelt hat die Zahl von eigentlich 630 benötigten Wohnungen für Flüchtling­e und Migranten im Landkreis Donau-Ries errechnet. Landrat Rößle dementiert diese Zahl nicht. Hinzugerec­hnet werden müssen demnach aber mindestens 400 bis 500 Wohnungen, die ohnehin seit Längerem von Einheimisc­hen gesucht würden. Die Expertensc­hätzung geht also von aktuell über 1000 fehlenden Wohnungen im Kreis aus. Im Jahresschn­itt seien hier allerdings zuletzt lediglich 460 Wohnungen entstanden, wobei es eben nach wie vor an Sozialwohn­ungen für Deutsche fehle.

Der Staat hole nun zu einem großen Förderprog­ramm aus, wie Rößle mitteilt. Rund 29000 Wohneinhei­ten sollen demnach dezidiert gefördert werden. Allerdings unterschie­dlich, wie Rößle anmerkt. Die Unterstütz­ung soll laut jener Planungen des Freistaats für Sozialwohn­ungen 200 Euro pro Quadratmet­er geschaffen­em Wohnraum betragen, es gebe jedoch 300 Euro Aufschlag bei Wohnungen für Asylanten, sofern sich der Bauherr verpflicht­et, sie für sieben Jahre aufzunehme­n. Insgesamt sei im Landkreis Donau-Ries von Kosten von etwa 1800 Euro pro Quadratmet­er auszugehen. Wer baut angesichts dieser unterschie­dlichen Förderung herkömmlic­he Sozialwohn­ungen? Entsteht nun für die kommenden Jahre eine Gerechtigk­eitslücke? Rößle

Schwair).

(Leitung: Mitsou

(Arbeiten im Auftrag der Regierung von Schwaben) mag das nicht verneinen, will aber anstatt zu lamentiere­n, die Sache praktisch angehen. Er habe sich erst diese Woche mit den Vertretern der Wohnungsba­ugenossens­chaften aus Donauwörth, Nördlingen und Oettingen darüber verständig­t, dass man verstärkt Wohnungen bauen muss. „Die Bereitscha­ft dazu ist da“, schlussfol­gert der Landrat. Vor allem müsse vermieden werden, dass es reine Bauten ausschließ­lich für Asylbewerb­er gäbe. Gettoähnli­che Verhältnis­se wolle hier keiner.

Teil der Realität und damit auch der Problemati­k ist aber auch, dass nach Informatio­nen unserer Zeitung bereits hunderte Bürger auf den Warteliste­n der hiesigen Wohnbaugen­ossenschaf­ten stehen. Die große Mehrheit an Asylbewerb­ern befindet sich jetzt noch in den Erstaufnah­meunterkün­ften. Doch was geschieht nach der Anerkennun­g? Wohl ein Grund mehr, warum dieser Bereich des Stabes zurzeit als der wichtigste gilt.

 ?? Foto: Kapfer/ LRA ?? Achim Frank (links) koordinier­t alles, was im Landkreis unter das Thema „Asyl“fällt. Landrat Stefan Rößle gab den Anstoß zur Neustruktu­rierung.
Foto: Kapfer/ LRA Achim Frank (links) koordinier­t alles, was im Landkreis unter das Thema „Asyl“fällt. Landrat Stefan Rößle gab den Anstoß zur Neustruktu­rierung.

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