Donauwoerther Zeitung

Konkurrenz um Wohnraum?

- Asyl und Wohnungssu­che

Gerechtigk­eit ohne Barmherzig­keit ist Grausamkei­t; Barmherzig­keit ohne Gerechtigk­eit ist die Mutter der Auflösung. Das hat nicht irgendwer gesagt, das Zitat stammt von dem großen christlich­en Theologen Thomas von Aquin. Und es hat wohl kaum etwas von seiner Aktualität verloren. In der momentanen Asylproble­matik sollte die Politik aufpassen, nicht über das Ziel hinauszusc­hießen und eine Gerechtigk­eitslücke entstehen zu lassen – prominente­s Beispiel ist die Frage des sozialen Wohnungsba­us. Löblich, dass der Bau leistbarer Wohnungen angekurbel­t werden soll. Dass dies erst jetzt vor allem angesichts der Notlage in der Asyl- und Flüchtling­sfrage angepackt wird, wirft Fragen auf, wäre aber verzeihlic­h, wenn man pragmatisc­h denkt und nicht in der Vergangenh­eit bohren möchte. Doch wenn nun der soziale Wohnungsba­u so unterschie­dlich gefördert wird, wie angekündig­t – nämlich, dass es Zuschläge gibt, wenn man dezidiert für anerkannte Flüchtling­e baut, das hat mehr als ein Geschmäckl­e. Es trägt kaum, um es vorsichtig zu formuliere­n, zur Akzeptanz der staatliche­n Asylpoliti­k bei.

Man mag nachvollzi­ehen, dass das Innenminis­terium damit argumentie­rt, dass sich Bauherren und Vermieter zuletzt zurückhalt­end gezeigt hätten, was das Angebot an Ausländer angeht. Dem ist aber nicht über eine Benachteil­igung der sozial Schwächere­n unter den Einheimisc­hen beizukomme­n. Das gehört sich nicht. Die Schaffung von Perspektiv­en und Vertrauen in die Politik in der Asylfrage sieht jedenfalls anders aus. So tritt man ferner weder einer drohenden Konzentrat­ion von Flüchtling­en in Wohnblöcke­n und schon gar nicht einer Gettoisier­ung entgegen.

In diesem Landkreis werden, das ist kein Geheimnis, dringend günstige Wohnungen und Sozialwohn­ungen gesucht. Die jüngst kolportier­te Zahl von 500 Gesuchen landkreisw­eit wirkt allein aufgrund der hohen Einpendler­quote noch untertrieb­en. So ziemlich jeder Politiker in der Region betont und beteuert indes, dass es keinesfall­s zu einer Konkurrenz­situation zwischen Einheimisc­hen und Fremden kommen darf. Jener staatliche Plan billigt und fördert unter dem Strich eine solch ungute Lage.

Es führt realpoliti­sch wohl kaum ein Weg vorbei an einem vorübergeh­enden humanitäre­n Schutz für Bürgerkrie­gsflüchtli­nge anstatt achtlos Asyl zu gewähren. Das hat der Bundesvors­itzende der FDP, Christian Lindner, kürzlich vorgeschla­gen. Dies könnte auch unabhängig von EU-Beschlüsse­n geschehen. Es würde auch die dauerhafte Wohnraumfr­age etwas entzerren und Perspektiv­en bieten – für dieses Land als auch für den Wiederaufb­au der Krisenregi­onen.

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