Junge Stimmen im Fürstensaal
Konzert Harburger Kulturherbst endete
Junge Stimmen in Ausbildung, aber schon gut ausgereift, bestritten das Abschlusskonzert des Harburger Kulturherbstes im fast voll besetzten Fürstensaal des Harburger Schlosses. Die Gesangspädagogin Agnes Habereder-Kottler stellte vier ihrer Gesangsschüler aus dem Leopold-Mozartzentrum der Universität Augsburg vor.
Das musikalische Programm baute auf Operettenmelodien und Liedern und Arien aus Musicals. Es dominierte die sogenannte leichte Muse, die allerdings, wie oft, eine gar nicht so leichte Muse ist. Insbesondere die Musical-Partien weisen zum Teil beachtliche Schwierigkeiten auf, mit denen die jungen Sänger aber professionell fertig wurden.
Das Potpourri reichte von Zellers Vogelhändler - drei Arien als populäre Einstiegsstücke - über Franz Lehars Lustige Witwe und eine Arie aus Giudetta, dazu noch der unschlagbare Bettelstudent von Carl Millöcker. Dazu die Auswahl aus den Musicals, die von „Jekyll and Hyde“über das Phantom der Oper bis zu Leonard Bernsteins West Side Story reichte. Ein Zuckerl besonderer Art bildete das RegenbogenLied aus dem Film „Der Zauberer von Oz“, das Judy Garland berühmt machte und dessen Schöpfer Harold Arlen und E. Y. Harburg waren, eine Verbeugung vor dem Ort des Konzerts.
Unter der erfahrenen musikalischen Begleitung von Professor Dominik Wettig am Flügel servierten die vier Sänger das abwechslungsreiche Programm. Veronika Loy setzte mit der „Christel von der Post“gleich anfangs einen starken Akzent, ebenso mit den „Rosen aus Tirol“, dieses Duett, das ihrer warmen, gut intonierenden Stimme entgegenkam. Loy stellte beeindruckende Fähigkeiten bei den Musical-Partien unter Beweis: Sichere Führung der Melodiebögen und sorgsame Artikulation, bei dem Song von Kurt Weill eine eindrucksvolle und einfühlsame Wiedergabe - man konnte beim Zuhören den eigenständigen Stil Kurt Weills glänzend dargebracht sehen.
Roman Singh bringt einen ruhig, sehr schön entwickelten Bariton mit. Er hat Respekt vor den Schwierigkeiten, die er aber mit einschmeichelnder Galanz überwindet. Dazu kommt ein zurückhaltendes, aber klares Setzen der musikalischen Effekte im abschließenden Somewhere aus der West Side Story, eingängig und überzeugend vorgetragen.
Manuel Ried vermeidet jede Übersteigerung, seine Arien gelingen ihm aus dem langsamen Aufbau der musikalischen Wirkung mit einer gepflegten, ausbauwürdigen Stimme. Der Bettelstudent, den er sicher und gekonnt vorträgt, bleibt der romantisch-leidende Jungspund mehr als der strahlende Filou, den manche großen Tenöre dieser Partie verleihen - aber auch Ried hat den Schalk im Nacken sitzen.
Ladies last: Julia Heiler präsentiert einen schon langsam strahlenden Sopran, durchaus mit mutiger Konzentration auf kraftvolle Intensität, mit der sie zu singen versteht. Dazu verfügt sie auch über die Fähigkeit zu einer dramatischen Steigerung, die ihr Beifall einträgt - sie bringt bereits ein beachtliches theatralisches Temperament mit.
Das sehr beifallsfreudige Publikum war hingerissen, sodass eine Zugabe notwendig wurde. Bürgermeister Kilian dankte den Sängerinnen und Sängern für einen hochrangigen musikalischen Abend und der Ausbilderin besonders. Agnes Habereder-Kottler kann mit ihren Erfolgen zufrieden sein.
Wieder erweist sich die vorzügliche Eignung des neu renovierten Fürstensaales im Harburger Schloss für musikalische Präsentationen dieser Art. Nicht nur der Kulturherbst Harburgs, sondern auch andere kammermusikalische Veranstaltungen sind denkbar. Wie wäre es mit einem musikalischen Mai auf der Harburg? Und wie wäre es, wenn ein Kulturring in der Region Donau-Ries die durchaus beachtlichen klassischen musikalischen Angebote zu einem koordinierten Gebinde zusammenfügen würde?