Leidenschaft und Beherrschung
Klassik Minguet Quartett spielte in Mertingen auf höchstem Niveau
Die kleine Konzertreihe der Mertinger Herbstsaison schloss mit der schwierigsten Formation in der Kammermusik, dem Quartett. Einem Quartett, das zu den international gefragtesten Streichquartetten zählt, in allen großen Konzertsälen der Welt gastiert – das 1988 gegründete Minguet Quartett.
Es wurde ein hinreißendes Konzert. Neben Klassikern der Streichquartett-Literatur, wie Joseph Haydns Streichquartett op. 76 Nr. 4 „Sonnenaufgang“, kamen Nikolaus von Resnizek mit der Sonate c-Moll, und Brahms Streichquartett op. 51 Nr.1 zur Aufführung.
Haydns Streichquartett, Klassiker des Repertoires aus dem Zyklus, den er nach seiner Rückkehr aus London komponierte, ist das kammermusikalische Gegenstück zur „Schöpfung“und den späten Messen. Sein erster Satz beginnt mit einer sich in mehreren Anläufen aus einer Klangfläche empor schwingenden Melodie der ersten Geige, die sich zum Fortissimo steigert, entsprechend einer aufgehenden Sonne. Die Musiker Ulrich Ishoft (1.Geige), Anette Reisinger (2.Geige), Aroa Sorin (Bratsche) und Cellist Matthias Diener überzeugten.
Mit der musikantischen, sehr wienerisch klingenden Sonate in c-moll, des gerade 22-jährigen Nikloaus von Resnizek eroberte das mit ansteckender Laune und verführerischer Lust musizierende Quartett seine Hörer vollends.
Nach der Pause Johannes Brahms erstes Streichquartett, Robert Schumann nannte es eine „verschleierte Sinfonie“: orchestrale Fülle erstrahlte. Brahms Quartette zeichnen sich besonders aus durch ihre enge motivische Verzahnung und kompakte Satztechnik, sie sind technisch enorm schwer, überschreiten oft die Grenzen der Kammermusik.
Das Minguet-Quartett meistert bravourös noch jede kleinste Begleitfigur einer Musik, die die besagten Grenzen des auf vier Streichinstrumenten Machbaren kaum noch respektiert. In der Summe eine verzehrend leidenschaftliche Interpretation. Nicht umsonst ist das Minguet Quartett berühmt für seine intelligenten Interpretationen, für seine Klang- und Ausdrucksfreude. Die Zuhörer waren sich des singulären Ereignisses bewusst und wurden nicht müde, zu klatschen – und wurden noch mit einem besonderen „Schmankerl“belohnt: Johann Sebastian Bachs „Kunst der Fuge“faszinierte bis zum letzten verklingenden Ton. Fürwahr: Ein erinnerungswürdiges Erlebnis. (uhw)