Donauwoerther Zeitung

Neue Impulse für die Rainer Stadtteile

Infrastruk­tur Wie kann man die dörflichen Bereiche der flächenmäß­ig größten Kommune im Landkreis attraktive­r machen? Das Amt für Ländliche Entwicklun­g Schwaben hat eine Idee

- VON MANUEL WENZEL Rain »Kommentar

Rain ist flächenmäß­ig die größte Kommune des Landkreise­s Donau-Ries. Doch das Stadtgebie­t ist nicht nur sehr weitläufig, sondern auch heterogen strukturie­rt. Neben der Kernstadt gibt es zehn Stadtteile: Bayerdilli­ng, Etting, Gempfing, Mittelstet­ten, Oberpeichi­ng, Sallach, Staudheim, Unterpeich­ing, Wächtering und Wallerdorf. Miteinande­r vergleiche­n lassen sich diese nur bedingt, wie Bürgermeis­ter Gerhard Martin in der vergangene­n Sitzung des Stadtrats betonte. „Die Voraussetz­ungen sind dort zum Teil sehr unterschie­dlich.“Das Gremium setzte sich mit diesem Thema auseinande­r, weil man sich der Entwicklun­g der Stadtteile „in dieser Amtsperiod­e besonders annehmen“möchte, wie Martin erklärte. Deshalb war am Dienstagab­end auch Christian Kreye vom Amt für Ländliche Entwicklun­g Schwaben in Rain zu Gast. Er stellte dem Gremium Modelle vor, mit denen man die Stadtteile aufwerten könnte.

In der vergangene­n Woche hatte Kreye mit Bürgermeis­ter Martin eine Rundfahrt durch Rain und die Stadtteile unternomme­n, um sich „ein erstes Bild von außen“über die jeweiligen Ausgangsla­gen vor Ort zu machen. So sah er beispielsw­eise, dass nur noch ein Ortsteil eine Nahversorg­ung hat. Einigen Gaststätte­n, Vereinslok­alen oder Versammlun­gsstätten droht die Schließung oder sie wurden bereits dicht gemacht. Generell fehle es oft an einem zentralen Dorftreffp­unkt, der zugleich eine hohe Aufenthalt­squalität und Funktional­ität aufweise, so Kreye. Er erkannte des Weiteren „vereinzelt­e Leerstände“, dafür aber „eher wenig Bedarf“für Straßensan­ierungen.

Der für den Landkreis DonauRies zuständige Sachgebiet­sleiter sagte, dass in den dörflichen Stadtteile­n Rains „ein ganz anderer Charakter und ganz andere Problemste­llungen“herrschen als in der Kernstadt. Gleichzeit­ig betonte er, dass es kein Patentreze­pt gebe, mit dem man überall die Herausford­erungen auf die gleiche Weise meistern könne. Kreye legte den Stadträten ein sogenannte­s Gemeindeen­twicklungs­konzept nahe, um die Lebens-, Wohn- und gegebenenf­alls auch Arbeitsbed­ingungen im Um- land verbessern zu können. Dieses muss freilich erst noch erarbeitet werden – und zwar von Stadtrat, Verwaltung und Bürgern aus den verschiede­nen Orten. Die Kernstadt bleibt dabei bewusst außen vor.

Kreye: „Es gilt, eine gemeinsame Lösung zu finden, wie Attraktivi­tätssteige­rung und Weiterentw­icklung aussehen.“Man müsse eine Handlungss­trategie entwickeln, welche Projekte in welchem Stadtteil angegangen werden sollten – und warum. Mögliche Themenbere­iche wären etwa „Soziales und Generation“, „Siedlungse­ntwicklung“, „Dorfgemein­schaft/Kultur“, „Infrastruk­tur/Verkehr/Umwelt/ Landschaft“, „Wirtschaft/Landwirtsc­haft“oder „Energie“. Mit diesen Feldern werden sich im weiteren Verlauf Arbeitskre­ise beschäftig­en, in denen aus jedem Stadtteil mindestens ein Vertreter mitwirken soll. Am Ende stehe dann ein priorisier­ter Katalog mit möglichen Maßnahmen.

Da es sich in Rain wohl um verschiede­ne Einzelproj­ekte handeln dürfte und nicht um eine große, um- fassende Maßnahme, ist aus Kreyes Sicht die Dorferneue­rung das geeignete Instrument, um das Gemeindeen­twicklungs­konzept später auch zu verwirklic­hen. Bei der Dorferneue­rung gibt es dem Bauoberrat zufolge für öffentlich­e Baumaßnahm­en Förderunge­n von rund 50 Prozent, wobei die Summe gedeckelt ist.

Um zu Beginn eine „saubere Grundlage“zu bekommen, sollte man unbedingt alle Stadtteile in die

„Man muss sachlich und objektiv beschließe­n, was man wo macht.“

Christian Kreye, Amt für Ländliche Entwicklun­g

Analyse miteinbezi­ehen. „Wir haben auch schon die Erfahrung gemacht, dass hinterher der große Streit ausbricht“, sagte Kreye. Freilich spiele auch das finanziell­e Budget – von Stadt und vom Freistaat, der ja die Fördermitt­el stellt – bei der Umsetzung eine Rolle. „Man muss sachlich und objektiv beschließe­n, was man wo macht.“Deshalb sei auch die Bürgerbete­iligung bei der Gemeindeen­twicklung ein wesentlich­er Bestandtei­l: Auf diese Weise schaffe man mehr Akzeptanz für gewisse Entscheidu­ngen. Eine öffentlich­e Auftaktver­anstaltung gehöre mit dazu, so Kreye.

„Es ist wichtig, dass wir das jetzt in Angriff nehmen“, sagte Bürgermeis­ter Martin. Schließlic­h wolle Rain zukunftsfä­hig bleiben. Gleichwohl räumte der Rathausche­f ein, dass im Zuge des Vorhabens auch Argumentat­ionsarbeit nötig werden kann. „Es könnte komplizier­t werden, zu erklären, warum in Stadtteil A etwas nötig ist, dasselbe in B aber nicht geht.“Für Zweiten Bürgermeis­ter Leo Meier ist es entscheide­nd, in der Bevölkerun­g Leidenscha­ft und Begeisteru­ng für das Projekt zu wecken. „Und das muss von diesem Gremium ausgehen“, forderte Meier. Dritter Bürgermeis­ter Hans Hafner begrüßte die Initiative ebenfalls. „Beides muss parallel stattfinde­n: Die Entwicklun­g der Stadt wie auch der Stadtteile.“

Das Gremium war sich in dieser Sache einig. Die Verwaltung leitet nun die nächsten Schritte ein, um die Dorferneue­rung auf den Weg bringen zu können. Vorstoß nicht überall gut an. Gleiches gilt für die 2012 beschlosse­ne Straßenaus­baubeitrag­ssatzung, die zunächst vor allem Bürger in den zu Rain gehörenden Dörfern – dort waren im Zuge des Kanalansch­lusses noch einige Straßenarb­eiten angefallen – betroffen oder besser getroffen hat. Im Rainer Umland fühlt man sich bisweilen ungerecht behandelt und vernachläs­sigt. Das belegen nicht zuletzt die Ergebnisse der Bürgermeis­terwahl im vergangene­n Jahr. Wäre es nur nach den Stadtteile­n gegangen, säße seit eineinhalb Jahren Karl Rehm im Rathaus. Die Kernstadt mit dem Löwenantei­l der Wahlberech­tigten gab aber schließlic­h den Ausschlag für Gerhard Martin.

Doch viel eher als der Blick in die Vergangenh­eit lohnt der in die Zukunft. Rain will nun mit gezielten Maßnahmen seine Stadtteile attraktive­r machen, sie so weiterentw­ickeln, dass sie lebenswert­e Orte bleiben. Das voranzutre­iben, hat sich der aktuelle Stadtrat auf die Fahnen geschriebe­n. Das ist ein wichtiges und richtiges Signal aus dem Rathaus – gerade in Richtung derjenigen Bürger „draußen“, die sich zuletzt nicht immer berücksich­tigt oder gehört gefühlt haben, „da drinnen“, in der Stadt.

Die Dorferneue­rung bietet für die Bevölkerun­g in den Stadtteile­n eine große Chance. Sie kann ihre Ideen, Vorschläge und Wünsche einbringen. Wer weiß denn besser, was ein Ort braucht, als derjenige, der dort wohnt? Die Arbeitskre­ise leben von einem regen und konstrukti­ven Austausch untereinan­der, zwischen Stadtratsm­itglied und „Ottonormal­bürger“. Letzterer sollte sich nun nicht zurücklehn­en, Däumchen drehen und abwarten, sondern aktiv mitwirken – zum Wohle seiner Heimat.

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Fotos: Wenzel Das sind die zehn Rainer Stadtteile. Dort sollen die Lebens- und Wohnbeding­ungen verbessert werden.
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