Neue Impulse für die Rainer Stadtteile
Infrastruktur Wie kann man die dörflichen Bereiche der flächenmäßig größten Kommune im Landkreis attraktiver machen? Das Amt für Ländliche Entwicklung Schwaben hat eine Idee
Rain ist flächenmäßig die größte Kommune des Landkreises Donau-Ries. Doch das Stadtgebiet ist nicht nur sehr weitläufig, sondern auch heterogen strukturiert. Neben der Kernstadt gibt es zehn Stadtteile: Bayerdilling, Etting, Gempfing, Mittelstetten, Oberpeiching, Sallach, Staudheim, Unterpeiching, Wächtering und Wallerdorf. Miteinander vergleichen lassen sich diese nur bedingt, wie Bürgermeister Gerhard Martin in der vergangenen Sitzung des Stadtrats betonte. „Die Voraussetzungen sind dort zum Teil sehr unterschiedlich.“Das Gremium setzte sich mit diesem Thema auseinander, weil man sich der Entwicklung der Stadtteile „in dieser Amtsperiode besonders annehmen“möchte, wie Martin erklärte. Deshalb war am Dienstagabend auch Christian Kreye vom Amt für Ländliche Entwicklung Schwaben in Rain zu Gast. Er stellte dem Gremium Modelle vor, mit denen man die Stadtteile aufwerten könnte.
In der vergangenen Woche hatte Kreye mit Bürgermeister Martin eine Rundfahrt durch Rain und die Stadtteile unternommen, um sich „ein erstes Bild von außen“über die jeweiligen Ausgangslagen vor Ort zu machen. So sah er beispielsweise, dass nur noch ein Ortsteil eine Nahversorgung hat. Einigen Gaststätten, Vereinslokalen oder Versammlungsstätten droht die Schließung oder sie wurden bereits dicht gemacht. Generell fehle es oft an einem zentralen Dorftreffpunkt, der zugleich eine hohe Aufenthaltsqualität und Funktionalität aufweise, so Kreye. Er erkannte des Weiteren „vereinzelte Leerstände“, dafür aber „eher wenig Bedarf“für Straßensanierungen.
Der für den Landkreis DonauRies zuständige Sachgebietsleiter sagte, dass in den dörflichen Stadtteilen Rains „ein ganz anderer Charakter und ganz andere Problemstellungen“herrschen als in der Kernstadt. Gleichzeitig betonte er, dass es kein Patentrezept gebe, mit dem man überall die Herausforderungen auf die gleiche Weise meistern könne. Kreye legte den Stadträten ein sogenanntes Gemeindeentwicklungskonzept nahe, um die Lebens-, Wohn- und gegebenenfalls auch Arbeitsbedingungen im Um- land verbessern zu können. Dieses muss freilich erst noch erarbeitet werden – und zwar von Stadtrat, Verwaltung und Bürgern aus den verschiedenen Orten. Die Kernstadt bleibt dabei bewusst außen vor.
Kreye: „Es gilt, eine gemeinsame Lösung zu finden, wie Attraktivitätssteigerung und Weiterentwicklung aussehen.“Man müsse eine Handlungsstrategie entwickeln, welche Projekte in welchem Stadtteil angegangen werden sollten – und warum. Mögliche Themenbereiche wären etwa „Soziales und Generation“, „Siedlungsentwicklung“, „Dorfgemeinschaft/Kultur“, „Infrastruktur/Verkehr/Umwelt/ Landschaft“, „Wirtschaft/Landwirtschaft“oder „Energie“. Mit diesen Feldern werden sich im weiteren Verlauf Arbeitskreise beschäftigen, in denen aus jedem Stadtteil mindestens ein Vertreter mitwirken soll. Am Ende stehe dann ein priorisierter Katalog mit möglichen Maßnahmen.
Da es sich in Rain wohl um verschiedene Einzelprojekte handeln dürfte und nicht um eine große, um- fassende Maßnahme, ist aus Kreyes Sicht die Dorferneuerung das geeignete Instrument, um das Gemeindeentwicklungskonzept später auch zu verwirklichen. Bei der Dorferneuerung gibt es dem Bauoberrat zufolge für öffentliche Baumaßnahmen Förderungen von rund 50 Prozent, wobei die Summe gedeckelt ist.
Um zu Beginn eine „saubere Grundlage“zu bekommen, sollte man unbedingt alle Stadtteile in die
„Man muss sachlich und objektiv beschließen, was man wo macht.“
Christian Kreye, Amt für Ländliche Entwicklung
Analyse miteinbeziehen. „Wir haben auch schon die Erfahrung gemacht, dass hinterher der große Streit ausbricht“, sagte Kreye. Freilich spiele auch das finanzielle Budget – von Stadt und vom Freistaat, der ja die Fördermittel stellt – bei der Umsetzung eine Rolle. „Man muss sachlich und objektiv beschließen, was man wo macht.“Deshalb sei auch die Bürgerbeteiligung bei der Gemeindeentwicklung ein wesentlicher Bestandteil: Auf diese Weise schaffe man mehr Akzeptanz für gewisse Entscheidungen. Eine öffentliche Auftaktveranstaltung gehöre mit dazu, so Kreye.
„Es ist wichtig, dass wir das jetzt in Angriff nehmen“, sagte Bürgermeister Martin. Schließlich wolle Rain zukunftsfähig bleiben. Gleichwohl räumte der Rathauschef ein, dass im Zuge des Vorhabens auch Argumentationsarbeit nötig werden kann. „Es könnte kompliziert werden, zu erklären, warum in Stadtteil A etwas nötig ist, dasselbe in B aber nicht geht.“Für Zweiten Bürgermeister Leo Meier ist es entscheidend, in der Bevölkerung Leidenschaft und Begeisterung für das Projekt zu wecken. „Und das muss von diesem Gremium ausgehen“, forderte Meier. Dritter Bürgermeister Hans Hafner begrüßte die Initiative ebenfalls. „Beides muss parallel stattfinden: Die Entwicklung der Stadt wie auch der Stadtteile.“
Das Gremium war sich in dieser Sache einig. Die Verwaltung leitet nun die nächsten Schritte ein, um die Dorferneuerung auf den Weg bringen zu können. Vorstoß nicht überall gut an. Gleiches gilt für die 2012 beschlossene Straßenausbaubeitragssatzung, die zunächst vor allem Bürger in den zu Rain gehörenden Dörfern – dort waren im Zuge des Kanalanschlusses noch einige Straßenarbeiten angefallen – betroffen oder besser getroffen hat. Im Rainer Umland fühlt man sich bisweilen ungerecht behandelt und vernachlässigt. Das belegen nicht zuletzt die Ergebnisse der Bürgermeisterwahl im vergangenen Jahr. Wäre es nur nach den Stadtteilen gegangen, säße seit eineinhalb Jahren Karl Rehm im Rathaus. Die Kernstadt mit dem Löwenanteil der Wahlberechtigten gab aber schließlich den Ausschlag für Gerhard Martin.
Doch viel eher als der Blick in die Vergangenheit lohnt der in die Zukunft. Rain will nun mit gezielten Maßnahmen seine Stadtteile attraktiver machen, sie so weiterentwickeln, dass sie lebenswerte Orte bleiben. Das voranzutreiben, hat sich der aktuelle Stadtrat auf die Fahnen geschrieben. Das ist ein wichtiges und richtiges Signal aus dem Rathaus – gerade in Richtung derjenigen Bürger „draußen“, die sich zuletzt nicht immer berücksichtigt oder gehört gefühlt haben, „da drinnen“, in der Stadt.
Die Dorferneuerung bietet für die Bevölkerung in den Stadtteilen eine große Chance. Sie kann ihre Ideen, Vorschläge und Wünsche einbringen. Wer weiß denn besser, was ein Ort braucht, als derjenige, der dort wohnt? Die Arbeitskreise leben von einem regen und konstruktiven Austausch untereinander, zwischen Stadtratsmitglied und „Ottonormalbürger“. Letzterer sollte sich nun nicht zurücklehnen, Däumchen drehen und abwarten, sondern aktiv mitwirken – zum Wohle seiner Heimat.