Bitteres Aufräumen für die Deutsche Bank
Leitartikel Der neue Chef John Cryan krempelt das größte deutsche Geldhaus um. Nach den Skandalen war das dringend nötig. Doch sein Plan kostet nicht nur 9000 Jobs
Die Grausamkeiten kommen zu Beginn. Der Deutschen Bank geht es wie Bürgern nach einer Wahl. Dann kürzen Politiker gerne mal die Rente oder erhöhen Steuern, um vor der nächsten Wahl das ein oder andere Zuckerl verteilen zu können. Ähnlich geht der neue Chef John Cryan in Deutschlands größtem Kreditinstitut vor. 9000 Stellen fallen weg, 200 Filialen werden wohl dichtgemacht, die Aktionäre müssen auf ihre Dividende verzichten, der komplette Vorstand wird ausgetauscht, das Investmentbanking schrumpft.
Dass Cryan Reformen anpackt, ist richtig. Denn die Deutsche Bank steht mit dem Rücken zur Wand. Skandal reihte sich in den letzten Jahren an Skandal. Und es ging dabei nicht um Peanuts, wie Ex-Chef Hilmar Kopper einst offene Handwerkerrechnungen in Millionenhöhe abtat. Die juristische Aufarbeitung der Skandale kostet Milliarden und behindert wie ein Betonklotz am Bein das Vorankommen des Instituts. Versagt hat nicht nur die interne Kontrolle, sondern auch das persönliche Gewissen bei Investmentbankern und anderen Mitarbeitern. DeutscheBank-Beschäftigte beteiligten sich im Libor-Skandal an der Manipulation zentraler Zinssätze. In den USA war die Bank in krumme Hypothekengeschäfte verwickelt, in Deutschland ist die Zentrale wegen Betrugsverdachts im Handel mit CO2-Zertifikaten durchsucht worden. Im Institut gab es Mitarbeiter, die im Haifischbecken der Finanzwelt dachten, abseits von Recht und Gesetz handeln zu können. Eine effizientere, ehrlichere Bank ist nötig, ja. Banker müssen sich an Gesetze halten.
Nur leider müssen jetzt viele Fehler der Vergangenheit tausende ehrliche Mitarbeiter ausbaden. Sie verlieren ihre Arbeit. Das ist hart. Und es drängt sich der Verdacht auf, dass sie für das Missmanagement anderer zahlen. Skandalös ist, dass die Unkultur trotz aller aufgedeckter Skandale noch immer nicht verschwunden zu sein scheint. Aktuell steht der Verdacht im Raum, einige Mitarbeiter hätten gegen die Russland-Sanktionen verstoßen. Die Bank stellt schon neue Milliardensummen zurück. Denn es kann teuer werden. Die Bank BNP Paribas büßte Verstöße gegen das Iran-Embargo in den USA mit einer Rekordstrafe von neun Milliarden Dollar.
Cryan räumt jetzt doppelt so eifrig auf, weil das vorherige Führungsteam zwar den „Kulturwandel“eingeläutet hat, ihn aber nicht gut genug durchsetzen konnte. ExChef Anshu Jain und Jürgen Fitschen waren zu sehr mit Selbstverteidigung beschäftigt. Fitschen steht im Kirch-Prozess vor Gericht. Jain war als Ex-Investmentbanker Teil des alten Systems. Cryan packt es konsequenter an. Stellt man sich die Deutsche Bank als Schloss vor, schlägt er den Putz von der Fassade, schließt manches abgelegene Kaminzimmer, in denen sich Investmentbanker eine Finanzwelt mit eigenen Gesetzen schufen, und reißt manche Flügel komplett weg.
Doch so richtig die Sanierung ist, Cryans Strategie hat neben den harten Jobkürzungen weitere kritische
Cryans Strategie hat weitere Schwächen