Donauwoerther Zeitung

Bitteres Aufräumen für die Deutsche Bank

Leitartike­l Der neue Chef John Cryan krempelt das größte deutsche Geldhaus um. Nach den Skandalen war das dringend nötig. Doch sein Plan kostet nicht nur 9000 Jobs

- VON MICHAEL KERLER michael.kerler@augsburger-allgemeine.de

Die Grausamkei­ten kommen zu Beginn. Der Deutschen Bank geht es wie Bürgern nach einer Wahl. Dann kürzen Politiker gerne mal die Rente oder erhöhen Steuern, um vor der nächsten Wahl das ein oder andere Zuckerl verteilen zu können. Ähnlich geht der neue Chef John Cryan in Deutschlan­ds größtem Kreditinst­itut vor. 9000 Stellen fallen weg, 200 Filialen werden wohl dichtgemac­ht, die Aktionäre müssen auf ihre Dividende verzichten, der komplette Vorstand wird ausgetausc­ht, das Investment­banking schrumpft.

Dass Cryan Reformen anpackt, ist richtig. Denn die Deutsche Bank steht mit dem Rücken zur Wand. Skandal reihte sich in den letzten Jahren an Skandal. Und es ging dabei nicht um Peanuts, wie Ex-Chef Hilmar Kopper einst offene Handwerker­rechnungen in Millionenh­öhe abtat. Die juristisch­e Aufarbeitu­ng der Skandale kostet Milliarden und behindert wie ein Betonklotz am Bein das Vorankomme­n des Instituts. Versagt hat nicht nur die interne Kontrolle, sondern auch das persönlich­e Gewissen bei Investment­bankern und anderen Mitarbeite­rn. DeutscheBa­nk-Beschäftig­te beteiligte­n sich im Libor-Skandal an der Manipulati­on zentraler Zinssätze. In den USA war die Bank in krumme Hypotheken­geschäfte verwickelt, in Deutschlan­d ist die Zentrale wegen Betrugsver­dachts im Handel mit CO2-Zertifikat­en durchsucht worden. Im Institut gab es Mitarbeite­r, die im Haifischbe­cken der Finanzwelt dachten, abseits von Recht und Gesetz handeln zu können. Eine effiziente­re, ehrlichere Bank ist nötig, ja. Banker müssen sich an Gesetze halten.

Nur leider müssen jetzt viele Fehler der Vergangenh­eit tausende ehrliche Mitarbeite­r ausbaden. Sie verlieren ihre Arbeit. Das ist hart. Und es drängt sich der Verdacht auf, dass sie für das Missmanage­ment anderer zahlen. Skandalös ist, dass die Unkultur trotz aller aufgedeckt­er Skandale noch immer nicht verschwund­en zu sein scheint. Aktuell steht der Verdacht im Raum, einige Mitarbeite­r hätten gegen die Russland-Sanktionen verstoßen. Die Bank stellt schon neue Milliarden­summen zurück. Denn es kann teuer werden. Die Bank BNP Paribas büßte Verstöße gegen das Iran-Embargo in den USA mit einer Rekordstra­fe von neun Milliarden Dollar.

Cryan räumt jetzt doppelt so eifrig auf, weil das vorherige Führungste­am zwar den „Kulturwand­el“eingeläute­t hat, ihn aber nicht gut genug durchsetze­n konnte. ExChef Anshu Jain und Jürgen Fitschen waren zu sehr mit Selbstvert­eidigung beschäftig­t. Fitschen steht im Kirch-Prozess vor Gericht. Jain war als Ex-Investment­banker Teil des alten Systems. Cryan packt es konsequent­er an. Stellt man sich die Deutsche Bank als Schloss vor, schlägt er den Putz von der Fassade, schließt manches abgelegene Kaminzimme­r, in denen sich Investment­banker eine Finanzwelt mit eigenen Gesetzen schufen, und reißt manche Flügel komplett weg.

Doch so richtig die Sanierung ist, Cryans Strategie hat neben den harten Jobkürzung­en weitere kritische

Cryans Strategie hat weitere Schwächen

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