Jeb Bush kämpft ums Überleben
USA Wie der einstige Favorit der Republikaner seine Chancen zur Präsidentschaftswahl verspielt
Er hat es wieder nicht geschafft, seine Botschaft nicht untergebracht. Nach der dritten TVDebatte der republikanischen Präsidentschaftskandidaten hat Jeb Bush, anders als seine Rivalen, nichts zu feiern: Der ehemalige Favorit zieht sich zum Interview in einen dämmrigen Gang hinter der Bühne zurück – er will irgendwie noch zu Wort kommen. Zu wenig Fragen, zu schlechte Fragen, zu wenig Zeit, klagt er ins Mikrofon, aber nein, er will nicht als Verlierer dastehen: „Ich bin nicht frustriert“, betont er. „Ich bin zufrieden mit unserer Position.“Es folgt das verhuschte, unsichere Lächeln, dass Bush seit Monaten begleitet – Ausweis der Ratlosigkeit eines Mannes, der von der Favoritenrolle in die Bedeutungslosigkeit zu stürzen droht.
Selbstverständlich können weder Bush noch seine Geldgeber mit dem Wahlkampf zufrieden sein: Magere sieben Prozent Zustimmung hat der Mann des alten Partei-Establishments, weit weniger als die Spitzenreiter Donald Trump und Ben Carson. Bush liegt hinter seinem früheren Schützling Marco Rubio und ziemlich dicht am Rest der insgesamt zehn Rivalen auf der Bühne.
Unterwegs im Land kommt Floridas Ex-Gouverneur an, niemand ist besser organisiert oder hat vergleichbar hohe Spenden eingeworben. Aber die Großspender werden unruhig: Setzen sie auf das richtige Pferd? Rubio, der 44-jährige Senator aus Bushs Heimatstaat, hat eine ähnliche Agenda, tritt aber überzeugender auf. Wer Erfahrung sucht, kann auch John Kasich wählen – der Gouverneur von Ohio hat eine gute Bilanz in seiner Heimat.
Vor der Debatte hat es im Hause Bush ein Krisentreffen gegeben, auch Vater und Bruder waren dabei, die Altpräsidenten 41 und 43. Durchhalten, sickerte als Parole nach draußen, aber auch: angreifen!
Kasich zeigt Bush gleich zu Beginn, wie man das macht: „Wir können nicht jemanden wählen, der keine Ahnung hat, wie man regiert“, schimpft er über die Umfragekönige Trump und Carson. Die Steueroder Migrationspläne der beiden? „Das Zeug ist reine Fantasie!“
Die Moderatoren des TV-Senders CNBC widmen den Abend vor allem wirtschaftlichen Fragen, vielleicht bleiben Trump und Carson deshalb blass. Bushs eigene Attacke geht aber gründlich schief: „Hat der Senat so was wie eine französische Arbeitswoche?“, schulmeistert er, als Rubio nach seiner Präsenz im Kongress gefragt wird. „Drei Tage, an denen man sich blicken lassen muss?“Medien werfen Rubio vor, zugunsten des Wahlkampfs seine Verpflichtungen im Senat zu vernachlässigen. Aber Bush wirkt schrecklich bemüht, er blickt dem neben ihm stehenden Ex-Schützling nicht in die Augen.
Rubio erinnert daran, wie oft der frühere Präsidentschaftskandidat John McCain im Senat gefehlt habe, auf den Bush sich gerne beruft. „Ich kann mich nicht erinnern, dass du dich über sein Abstimmungsverhalten jemals beschwert hast“, sagt Rubio. „Der einzige Grund, warum du es jetzt tust, ist, dass wir uns um dieselbe Position bewerben und jemand dich überzeugt hat, dass es dir helfen wird, wenn du mich angreifst.“Der Gegenschlag sitzt. Von Bush ist lange nichts mehr zu hören.
Der 62-jährige Bush kandidiert als Stimme der Vernunft, aber schon in einer früheren Debatte ging er gegen Trump so unter wie nun gegen Rubio. Wollen die Republikaner so jemanden gegen Hillary Clinton ins Rennen schicken?
„Bush ist eine Pleite“, zieht das Magazin Politico nach dem Duell als Fazit, und die New York Times pflichtet bei: „Jeb Bush wird nicht Präsidentschaftskandidat der Republikaner.“Aber wer dann? Das Rennen der Republikaner scheint nach dem Duell völlig offen.