Donauwoerther Zeitung

Tüftelarbe­it im Deutschen Museum

Sanierung Historisch­e Maschinen werden mit großem Aufwand abgebaut. Die Luftfahrta­usstellung muss geräumt werden. Eine heikle Aufgabe für die Restaurato­ren

- München

Ein Ruck lässt das Flugzeug kurz erzittern, dann geht es schnell: Der Rumpf löst sich von den Tragfläche­n und schwebt nach oben. An langen Gurten baumelt der tonnenschw­ere Körper in der Luft, die Tragfläche­n bleiben unten. Ein kleiner Schwenk zur Seite, ein vorsichtig­es Absenken, dann liegt der Rumpf auf einem Holzgestel­l, in sicherer Entfernung von den Flügeln.

Reinhard Mücke atmet auf. Gut drei Wochen hat der Flugzeugre­staurator mit seinem Team den Abbau der Messerschm­itt Me 262 aus dem Zweiten Weltkrieg vorbereite­t. Wie alle Objekte in der Luftfahrta­usstellung des Deutschen Museums wird sie ausgelager­t, um Platz für die Bauarbeite­r zu machen. Denn das Münchner Museum mit Weltruf wird bis 2025 für 445 Millionen Euro saniert und neu konzipiert – bei laufendem Betrieb.

Seit dieser Woche sind die Flugzeuge und andere Flugobjekt­e dran. Die großen Geräte werden zerlegt, bevor sie verpackt und in die Flugwerft Schleißhei­m gebracht werden, viele mit Schwerlast­transporte­rn. Auch das von den Nazis gebaute Kriegsflug­zeug soll bis Ende November transportf­ertig gemacht und in den Vorort gefahren werden. Dort soll es zusammenmo­ntiert und in der Zweigstell­e des Deutschen Museums wieder ausgestell­t werden.

Für den Restaurato­r eine heikle Aufgabe. „Jedes Auseinande­rmontieren, jeder Zusammenba­u, jeder Transport ist eigentlich ein kleiner Tod“, beklagt Mücke. „Es gibt immer ein gewisses Restrisiko bei solchen Sachen, dass Material nachgibt, dass man irgendwas übersehen hat oder dass einfach etwas Unvorherge­sehenes passiert.“Es gehe immer Originalsu­bstanz verloren, kleine Schäden seien unvermeidb­ar.

Mehrere Wochen Tüftelarbe­it liegen hinter ihm und seinen Leuten, in denen sie akribisch den Aufbau der Maschinen studierten. „Wir haben keine Unterlagen, wir müssen uns da rantasten.“Etwa 30 weitere Flugzeuge sollen ähnlich auseinande­rgebaut und transporti­ert werden, kleinere können im Ganzen aus der Halle gebracht werden. Matthias Knopp, der die Ausstellun­gen über Luft-, Raum- und Schifffahr­t und in der Flugwerft Schleißhei­m leitet, freut sich schon auf das neue Museum. 2019 soll unter anderem die Luftfahrta­usstellung wieder öffnen, der zweite Bauabschni­tt soll spätestens zum 100. Jubiläum der Eröffnung im Mai 2025 fertig sein. „Wir wollen die Objekte nicht mehr als reine Technikobj­ekte zeigen“, erklärt der Physiker. Stattdesse­n sollen sie in einen zeitgeschi­chtlichen Zusammenha­ng gebracht und mit Geschichte­n verbunden werden. Etwa von den Bedingunge­n, unter denen in der NaziZeit Geheimwaff­en oder Raketen entstanden – „in unterirdis­chen Fabriken, zum Teil mit KZ-Häftlingen“, schildert Knopp.

Die Ausstellun­g soll einen Bogen spannen, vom Gleitfluga­pparat des Luftfahrtp­ioniers Otto Lilienthal bis hin zum hochmodern­en zweistrahl­igen Businessje­t aus Kohlefaser. Besonders stolz ist Knopp auf das Flugzeug der Gebrüder Wright, denen am 17. Dezember 1903 ein erfolgreic­her Motorflug gelungen war – wenn auch nur für 12 Sekunden. „Das macht unsere Sammlung einmalig, Wright-Flugzeuge gibt es weltweit vielleicht nur noch fünf Stück“, sagt Knopp.

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Foto: Andreas Gebert, dpa Heikle Sache: Eine Messerschm­itt Me 262 wird im Deutschen Museum zerlegt. Die Luftfahrta­usstellung muss für die Sanierung geräumt werden.

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