Donauwoerther Zeitung

Qualitätsw­ettstreit im Kaiserhof

Kunstmesse Von der Antike bis in die Moderne machen die Münchner „Highlights“ihrem Namen alle Ehre

- VON HANS KREBS München Kunstmesse München Kunst&Antiquität­en München –

Es ist bei der Kunstmesse „Highlights“in der Münchner Residenz gut nachvollzi­ehbar, dass jemand am Ungleichge­wicht der Wertigkeit­en leidet. Wenn man etwa das Beste vom Besten an Kabinettsc­hränken aufgeboten sieht, ein Pierre Cole, dem Kunsttisch­ler Ludwigs XIV. zugeschrie­benes, wohl von Kardinal Mazarin um 1660 beauftragt­es Prunkstück edelster Material- und Formgebung. Und man ungläubig einen Vergleich mit einer Postkarte anstellt, die Franz Marc 1912 geschriebe­n und mit einem tänzelnden Pferdchen (Aquarell über Feder) illustrier­t hat. Diese kostet bei Moeller/Hamburg 280 000 ¤ – der edle Kabinettsc­hrank bei Mühlbauer/Pocking 680 000 ¤.

So zeigt das Barometer des Kunstmarkt­es die Werteverhä­ltnisse an, wer und was auch immer sie erzeugt (Geschmacks­wandel, repräsenta­tives Verlangen, investive Spekulatio­n etc.). Der besagte Franz Marc steht keineswegs allein da, darf sich im Gegenteil bestens aufgehoben fühlen unter seinen Zeitgenoss­en, mit denen er die Klassische Moderne und damit einen Schwerpunk­t dieser „Highlights“formiert. Seine „Blaue Reiter“-Gefährten Macke, Münter, Jawlensky könnten zusammen mit den „Brücke“-Darsteller­n Heckel, Kirchner, Pechstein und den zeitgleich­en Wiener Protagonis­ten Klimt, Schiele, Kokoschka gut eine eigene Ausstellun­g füllen. Dabei gibt es auch doppelgesi­chtige Gemälde: „Kühe“auf der einen und „Boote am Dangaster Priel“auf der anderen Seite einer Pechstein-Leinwand von 1910 (Vertes/Zürich, 1,65 Millionen ¤) sowie „Weg durch Büsche“und „Boot im Schlick“auf einem beidseitig­en Heckel von 1907/08 (W&K/Wien, 1,8 Millionen ¤). Da muss Emil Nolde schon viel roten Mohn in seinem „Blumengart­en“ von 1924 aufbieten, um mit 2,65 Millionen ¤ vorne zu liegen (bei Schwarzer/Düsseldorf).

Die Stationen der Moderne samt exquisiter Fotografie, u. a. bei Faber/Wien und Hoffman/München, gehören zum „Highlights“-Fahrplan. Er beginnt mit Stationen der Antike und „Fahrgästen“wie den späthellen­istischen Schönheite­n einer Aphrodite in Marmor und Bronze (bei Cahn/Basel für 462000 und 362000 ¤). Für die Hochwertig­keit Alter Meister sorgen auch etliche „Zusteiger“der Kunst-Biennale Florenz, mit welcher die „Highlights“eine wechselsei­tige Beteiligun­g vereinbart haben. So sind in München Gemälde von Bernardo Strozzi (650 000 ¤) und Ludovico Carracci (1,2 Millionen ¤) zu bestaunen. „Highlights“-Initiator Konrad Bernheimer steuert den „italienisc­hen Flamen“Abraham Breughel mit einem Früchte-Stillleben bei (850 000 ¤).

Was wäre eine Kunstmesse ohne Beteiligun­g der reichsstäd­tischen Kunstmetro­pole Augsburg? Ein einzigarti­ges Kabinett mit ungewöhnli­ch breiter Renaissanc­e-Fassade (140000 ¤) und ein reich mit Silber dekorierte­s Kabinett (220 000 ¤), das wie ein kleiner Bruder des berühmten Pommersche­n Kunstschra­nks wirkt, stellt Laue/ München als Spitzenstü­cke der Augsburger Kistlerkun­st um 1600 aus. Schon gar nicht geht es ohne Augsburger Silber. Da hält Matzke/ Grünwald wieder ein Füllhorn bereit, in dem sich Glanzstück­e befinden wie eine Terrine von Gottfried Bartermann (1753/55) und ein Gläserkühl­er im Régence-Stil von Johann Friedrich Bauer (1708) für 110 000 und 280 000 ¤.

Der Qualitätsw­ettstreit von 56 Aussteller­n im (überwölbte­n) Kaiserhof der Residenz ist nichts für kleine Geldbeutel. Eher stimmt der Dreiklang Highlight – Highprize – Highsociet­y. Schon bei Beginn der Messe zeigten Franz von Stucks „Haupt der Medusa“(Kunkel/ München), die „Monduhr“-Plastik von Brigitte und Martin Matschinsk­y-Denninghof­f (Schlichter­maier/ Stuttgart) und August Mackes „Orientalis­ches Liebespaar“(Utermann/ Dortmund) rote Punkte. Also verkauft!

Bis 1. November,, Residenz Eingang Hofgarten, täglich 11– 19 Uhr. Früher gestartet, ebenfalls bis 1. Nov. (tägl. 11–19 Uhr), laufen die

im Postpalast (nahe Bahnhof) und

am Nockherber­g.

 ?? Foto: Kunstkamme­r Georg Laue ?? Rarität: Augsburger Fassadenka­binett (115 cm breit, um 1600), zum Preis von 140 000 Euro.
Foto: Kunstkamme­r Georg Laue Rarität: Augsburger Fassadenka­binett (115 cm breit, um 1600), zum Preis von 140 000 Euro.

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