Achterbahn der Worte
Thaddäus Martin Zingsheim zeigt, warum er den deutschen Kleinkunstpreis erhielt
Cool ist er. Die fast schon legendäre unwiderstehliche Mischung aus sympathischem Lausbub und charmantem Sunnyboy. Da hat Martin Zingsheim schon die besten Voraussetzungen, um zumindest sein weibliches Publikum um den Finger zu wickeln. Er schafft es aber auch, die Männer auf seine Seite zu ziehen. Großes (Kopf-)Kino ist seine Stärke – und das Publikum im Thaddäus in Kaisheim honorierte dies.
Es gibt Kabarettisten, die hecheln durch ihr Programm, immer dem Ende entgegen. Dieses Gefühl hat man bei Zingsheim nicht. Sein Plauderton lässt nicht erahnen, wie er sich zu Sprach- und Wortakrobatik hochhangelt. Ausgeklügelte Musikstücke und seine lockere Bühnenpräsenz lassen die komödiantische Schärfe und bittere Ironie mancher Beiträge fast wieder freundlich erscheinen. Gepflegte Albernheit – das hat man in diesem Metier eher selten. „Ich kann nicht raus aus meiner Haut, ich bin zu porentief“, lacht er über sich selbst. Zingsheim, in diesem Jahr mit dem deutschen Kleinkunstpreis in der Kategorie Förderung ausgezeichnet, ist ein rheinländischer Erzähler, der seine Zuschauer auf eine lange Reise durch unzählige Themen mitnimmt. Hat er wirklich einen Sohn namens Gottlieb Agamemnon? Das nimmt ihm keiner ab. Dass er im Bioladen Gemüse und Salat mit den Fingern prüft, kann man sich schon eher vorstellen.
„Wenn die Pegida so weitermacht, müssen wir Dresden schon bald wieder bombardieren, aber es trifft wenigstens keine Ausländer“, sagt Zingsheim in einer Biedermeierlichkeit, wie ihn sie oft überkomme. Helmut Schmidt nennt er die Anna Netrebko der Sozialdemokraten. Der Kabarettist hat ein Faible für Freaks, für „Expressis“als Lieblingsgetränk der Kölner oder für Wortschöpfungen wie „Gönkwromm“.
Dazu kommt eine Ablehnung von Vorbildern: „Kümmern Sie sich nicht um Alice Schwarzer, behandeln Sie Frauen an sich gut.“Wenn er lästert, dann immer mit einem Augenzwinkern: „Alle elf Sekunden verliebt sich einer auf parship.de. Ich glaube, es ist immer derselbe.“
Und fast beiläufig bezeichnet er Koalitionsverhandlungen als „Sedierungsgespräche“. Es ist wie in
Parodie, Lästern und Gesang
der Achterbahn der Worte. Höhenangst darf man keine haben... „Sagen Sie doch mal, Sie sind schwul“, rät er den Herren. „Das kostet nichts, verblüfft ihr Gegenüber und kommt garantiert gut, besonders bei Ihrer Frau.“
Zingsheim parodiert, lästert, singt – die perfekte Mischung. Und Singen kann er. Die größte Stärke des Kölners ist seine ausgesprochen ausgeprägte Musikalität. Manche behaupten, dass er auch in einer Boygroup eine gute Figur gemacht hätte.