Ein Hoffnungsschimmer aus Wien
Syrien Die größte Konferenz, die es zur Beendigung des Bürgerkriegs je gab, führt zu Fortschritten. Aber die entscheidende Frage wird ein weiteres Mal ausgeklammert
Das Hotel „Imperial“an der Wiener Ringstraße hat in 132 Jahren schon viel Geschichte erlebt. Hier führte, noch im 19. Jahrhundert, schon Deutschlands erster Reichskanzler Otto von Bismarck wichtige Gespräche. Im Kalten Krieg war das Fünf-Sterne-Haus oft genug Verhandlungsort zwischen Ost und West. So war das „Imperial“am Freitag der ideale Schauplatz für die größte Syrien-Konferenz, die es je gab. Viereinhalb Jahre nach Beginn des Konflikts saßen zum ersten Mal fast alle wichtigen Akteure zusammen am Tisch: die fünf UN-Vetomächte (USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien) und Deutschland, die großen Regionalmächte Türkei, Saudi-Arabien und – zum ersten Mal – Iran plus acht weitere Staaten.
Aus Syrien allerdings war bei der durchaus historischen Acht-Stunden-Begegnung niemand dabei, weder Vertreter des Regimes von Präsident Baschar al-Assad noch der Opposition. Was keineswegs von Schaden sein muss: Bei früheren Syrien-Treffen – vor allem bei der letzten großen Konferenz am Genfer See im Februar 2014 – hatte das die Dinge überhaupt nicht vorangebracht. Beide Seiten nutzten auch die diplomatische Bühne, um sich böse zu bekriegen.
So steckten die politischen Bemühungen um ein Ende der Tragödie – etwa 250 000 Tote, mehr als 4,2 Millionen Syrer im Ausland auf der Flucht, sieben Millionen Vertriebene innerhalb des Landes – seit langer Zeit völlig fest. Auch was die Zukunft Assads angeht, hatte man sich total verhakt: Russland – in Wien vertreten durch Außenminister Sergej Lawrow – und der Iran nahmen den Diktator in Schutz. Der Westen, die Türkei und verschiedene arabische Staaten wollten ihn sofort loswerden.
Durch die Gespräche in Wien gibt es jetzt zumindest wieder Hoffnung, dass in Syrien doch noch etwas vorangeht. US-Außenminister John Kerry nannte die Konferenz einen „Ausweg aus der Hölle“. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sprach – wie andere – weniger dramatisch von einem „Hoffnungszeichen“. Vor der Heimreise nach Berlin meinte er: „Es gibt keine Illusion, dass der Großteil der Arbeit weiter vor uns liegt.“
Die Deutschen haben großes Interesse an einer schnellen Lösung, weil die Flüchtlingskrise ansonsten kaum in Griff zu kriegen ist. Die allermeisten Menschen, die derzeit Zuflucht in der Bundesrepublik suchen, kommen aus Syrien. So firmierte das Treffen auf dem offiziellen Twitter-Account des Auswärtigen Amts auch unter dem Hashtag #hoffnungsschimmer.
Wie geht es nun weiter? In zwei Wochen will man in derselben Runde erneut zusammenkommen, vermutlich wieder im „Imperial“. Zuvor soll der Syrien-Sonderbeauftragte Staffan de Mistura einiges an Vorarbeit leisten. Grundlage könnte eine Art Wunsch-Fahrplan für eine Übergangsregierung und Wahlen sein, auf den man sich bereits im Sommer 2012 in Genf geeinigt hatte. Zudem gibt es schon Resolutionen des UN-Sicherheitsrats – zum Beispiel ein Verbot von Fassbomben –, die noch nicht umgesetzt sind.
Parallel zu den diplomatischen Bemühungen gaben die USA bekannt, dass sie ihren Militäreinsatz in Syrien ausweiten. In den nächsten Tagen sollen bis zu 50 amerikanische Spezialkräfte in den Norden des Landes verlegt werden, um den Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu verstärken.
Größter Streitpunkt ist nach Aussage von Frankreichs Außenminister Laurent Fabius aber weiterhin, was mit Assad selbst geschieht.