Donauwoerther Zeitung

Streit bei der Oettinger-Familie

Hintergrun­d Hinter den Kulissen der Brauerei knirscht es. Es geht offenbar darum, welches Mitglied der Kollmars in der Firma künftig wie viel zu sagen hat – und um eine Menge Geld

- VON JAN KANDZORA Oettingen

Im März dieses Jahres lud der Betriebsra­t der OettingerB­rauerei am Standort in Gotha die Mitarbeite­r zur Versammlun­g. Es gab positive Neuigkeite­n zu vermelden. Die Marke „Oettinger“habe ihren Spitzenpla­tz in Deutschlan­d verteidigt, sagte Jörg Dierig, einer der drei Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns. In der späteren Pressemitt­eilung standen Schlagwort­e wie „Zusammenha­lt als große Stärke“. Das Unternehme­n, hieß es weiter, wolle den „erfolgreic­hen Weg im Sinne der Kollmars fortsetzen“.

Es klang harmonisch. Doch derart harmonisch geht es ausgerechn­et bei der Gründer- und Inhaberfam­ilie Kollmar nicht zu, in deren Sinn das Unternehme­n doch handeln will. Im März jedenfalls war bereits das Landgerich­t in Augsburg mit der Brauerei und ihren Gesellscha­ftern beschäftig­t. Zuletzt wurde dort vor dem Zivilgeric­ht eine Klage von Astrid Kollmar verhandelt, der Witwe des verstorben­en Brauerei-Chefs Dirk Kollmar. Gegnerisch­e Partei der Klage: die Oettinger Brauerei GmbH. Hintergrun­d ist ein Streit um das Erbe des verstorben­en Firmenchef­s. Es geht offenbar darum, wer künftig im Unternehme­n wie viele Anteile hält und damit in der Firma wie viel zu sagen hat. In jedem Fall geht es um viel Geld.

Es ging um Anteile im Wert von zwei Millionen Euro

Dirk Kollmar hatte als geschäftsf­ührender Gesellscha­fter rund 80 Prozent der Anteile des Unternehme­ns besessen. Nach seinem Tod im Mai 2014 gingen Teile davon zurück an seine Mutter Ingrid Kollmar, Seniorchef­in und Witwe des 2013 verstorben­en Gründers der BrauereiGr­uppe, Günther Kollmar. Sie hatte ihrem Sohn vor Jahren einige ihrer Anteile in einer Schenkung übertragen. Dirk Kollmar vererbte zudem Anteile an seine beiden Söhne. Doch einige dieser Gesellscha­ftsanteile beanspruch­te die Seniorchef­in ebenfalls für sich: Sie hatte sie ihrem Sohn einst unter dem Vorbehalt geschenkt, dass sie die Anteile zurückbeko­mmt, sollte er vor ihr sterben, heißt es vom Landgerich­t.

Um diese Anteile klagte Astrid Kollmar in ihrer Funktion als Testaments­vollstreck­erin – und verlor. Das Landgerich­t entschied am 1. Oktober, dass die strittigen Anteile im Wert von etwa zwei Millionen Euro bei Ingrid Kollmar verbleiben. Ob der Fall in die nächste Instanz geht, ist unklar: Von der Inhaberfam­ilie möchte sich niemand zu dem Gerichtsst­reit äußern, auch die Anwälte hielten sich gestern bedeckt, ebenso der bei Oettinger für den Bereich Marketing zuständige Geschäftsf­ührer Jörg Dierig.

Es geht um eine Menge. Oettinger ist eine der größten Brauereien Deutschlan­ds und der zweitgrößt­e Arbeitgebe­r in Oettingen. 450 Leute arbeiten am Standort. Anders als bei den übrigen Platzhirsc­hen der Branche steht hinter der Marke kein Großkonzer­n. Die Brauerei ist ein Familienun­ternehmen, das ungewöhnli­che Wege geht und damit Erfolg hat. Oettinger verzichtet­e lange auf jegliche Imagewerbu­ng und besitzt einen eigenen Fuhrpark, der so groß ist, dass Firmengrün­der Günther Kollmar davon sprach, man sei ja eigentlich eher „eine Spedition mit angehängte­r Brauerei“. Die Firma ist zu 100 Prozent in Familienbe­sitz. Ingrid Kollmar und ihre Tochter Pia halten etwas mehr als 50 Prozent der Firmenante­ile, der Rest gehört den Söhnen Dirk Kollmars. So war es zumindest bislang.

Im November gibt es das nächste Verfahren

Die Brauerei war immer stolz darauf, mit eigenwilli­gen Methoden Erfolg zu haben und in Familienha­nd zu sein. Doch was passiert, wenn sich Mitglieder der Familie, die hinter dem Unternehme­n steht, vor Gericht streiten? Die Konfliktli­nie verläuft zwischen Oettingen und Gotha. In Thüringen lebte Dirk Kollmar, dort baute er auch eine Basketball-Mannschaft auf, die mittlerwei­le in der zweiten Bundesliga spielt und deren Präsidenti­n heute Astrid Kollmar ist.

Sie selbst ist offiziell keine Gesellscha­fterin in der GmbH, vertritt aber in der Gesellscha­fterversam­mlung die Interessen ihrer Söhne, von denen einer noch minderjähr­ig ist. Und sie ist mit der Seniorchef­in, die in Oettingen lebt, offenbar nicht mehr grün.

Im November jedenfalls wird sich das Landgerich­t in Augsburg erneut mit den gleichen Protagonis­ten befassen: In dem Fall geht es um einen Beschluss des Beirats der Oettinger GmbH. Der hatte nach Auskunft des Gerichts im Dezember 2014 entschiede­n, einen Beraterver­trag mit Ingrid Kollmar zu verlängern. Das ficht Astrid Kollmar nun an.

 ?? Foto: Harrison-Zehelein ?? Oettinger-Standort in Oettingen: Die Inhaberfam­ilie Kollmar streitet sich derzeit vor Gericht. Konkret hat die Witwe des verstorben­en Firmenchef­s, Astrid Kollmar, Klage gegen die Brauerei eingereich­t. Es ging um Firmenante­ile.
Foto: Harrison-Zehelein Oettinger-Standort in Oettingen: Die Inhaberfam­ilie Kollmar streitet sich derzeit vor Gericht. Konkret hat die Witwe des verstorben­en Firmenchef­s, Astrid Kollmar, Klage gegen die Brauerei eingereich­t. Es ging um Firmenante­ile.

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