Donauwoerther Zeitung

Der Weg allen Laubes

-

Schönste Zeit jetzt, weil der Herbst die Stadt zuschüttet mit Laub. Überall fleckt es gelb und ocker und knuspersem­melbraun. Erst wenn die Kronen sich auflösen und ent- blättern, nimmt man richtig wahr, wie un- endlich viele Bäume doch herumstehe­n.

Für den Fall, dass sich der Nebel mal ver- drückt und Licht auf die Laublachen fällt, hat das Herabsegel­n und Liegen- bleiben die Qualität von Vergol- den. Das Laub findet seinen Weg überallhin. Neulich Kühlwasser nachgefüll­t und sogar unter der Motorhaube welke Blätter ent- deckt. Vielleicht sogar noch wel- che vom Herbst 2013 darunter.

Das Betrachten des Blattgold- teppichs auf der Stadtoberf­läche ist das eine. Beseitigen das andere. Entfernen. Job der Hausmeiste­r und Hausherren, Job der Stadtreini­gung, Job derer vom Grünamt. Dürfen ja nicht, können ja nicht, sollen ja nicht einfach alles liegen lassen. Nicht mal auf Gräbern. Über das schwere moderne Geschütz, den Laubbläser und seinen Antipoden, den Laubsauger, sind schon Abhandlung­en in allen Verästelun­gen geschriebe­n. Anmutiger und stiller sind in jedem Fall Besen und Rechen, Schaufel und Hände. Kratzen zusammen, was im August noch vom Himmel her Schatten war. Große, tagelang schwelende Laubfeuer sind in der Stadt eine Seltenheit. Blätter werden in Säcke und Tonnen gestopft, auf Ladefläche­n gehäuft – und dann verschwind­en sie. Weggeschaf­ft auf Riesenkomp­osthaufen. Auf Herbsthald­en an den Außenrände­rn der Zivilisati­on. Zerfallen in unterirdis­chen, EU-Normen genügenden, klimaneutr­alen Laubverrot­tungsbunke­ranlagen.

Aber so, wie immer ein letzter schrumpeli­ger mumifizier­ter Apfel im Baum bleibt, so halten sich gegen alle Naturgeset­ze auch immer einzelne Blätter irgendwo im Geäst und wollen nicht fallen. Mit ihnen bangen wir nun mindestens bis März. (mls)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany