Unter der Glasglocke
Meg Wolitzers erstes Jugendbuch
Fünf Jugendliche, die schwere seelische und körperliche Verletzungen erlitten haben, stehen im Mittelpunkt von Meg Wolitzers erstem ins Deutsche übersetzten Jugendbuch „Was uns bleibt ist jetzt“. Wie sie Verluste verwinden, in Erinnerungen nicht haltlos versinken und mit der Verarbeitung der Geschehnisse erwachsen werden, davon handelt dieses kunstvoll und teilweise dramatisch erzählteBuch der erfolgreiche US-Autorin („Die Interessanten“).
Deren Erzählerin ist die fünfzehnjährige Jam. Sie kann über den Tod ihrer ersten Liebe Reeve nicht hinwegkommen und wird deshalb von ihren Eltern in ein Internat für traumatisierte Jugendliche geschickt. Gemeinsam mit vier anderen Schülern wird sie für den Literaturkurs von Mrs Quenell ausgewählt, der angeblich das Leben der Teilnehmer nachhaltig verändert. Die rätselhafte „Mrs. Q“gibt ihnen nicht nur als Lektüre Sylvia Plaths einzigen Roman „Das Glashaus“(„The Bell Jar“) vor, sie teilt auch Tagebücher aus, in die die Schüler regelmäßig schreiben sollen. Dieses Schreiben bringt die Jugendlichen zurück in eine Welt, wie sie vor dem Schicksalsschlag war, und die sie in Anlehnung an ihre Plath-Lektüre „Belzhar“nennen. Ihr Leid können sie hinter sich lassen, ihre Gefühle und Wunschträume sind dort konserviert wie unter einer Glasglocke. Allerdings kann sich auch nichts weiter entwickeln, neue Freunde, neue Erlebnisse, von all dem bleibt Belzhar unberührt und irgendwann müssen sich Jam und ihre Freunde dem furchtbarsten Moment ihres Lebens stellen.
Glaubwürdig verknüpft Meg Wolitzer das reale Internatsleben mit dem imaginierten Belzhar zu einer sehr wendungsreichen Geschichte mit hohem Lesereiz, in deren Zentrum die verletzte Gefühlswelt und Verarbeitung der traumatischen Geschehnisse stehen. Dieses Handlungsgeflecht löst sich aber am Ende, als es um die Entschlüsselung des Dramas von Jam und Reeve geht, enttäuschend auf. Und leider ist auch die Sprache des Buches banal und der in der Geschichte dargestellten Kraft der Literatur, nicht angemessen. Wie eine Keule wird es dem Leser auf den letzten Seiten entgegen geschlagen: „Es stimmt nicht, dass das, was man im Literaturunterricht lernt, keine Rolle spielt.... Wörter sind von Bedeutung.“Birgit Müller-Bardorff
Meg Wolitzer: Was uns bleibt ist jetzt.