Donauwoerther Zeitung

Welcher der vielen Trumps setzt sich durch?

Analyse Der künftige US-Präsident hat Berater um sich geschart, die unterschie­dlicher nicht sein könnten. Was er selbst will, bleibt ein Rätsel

- VON JENS SCHMITZ

Washington Donald Trump steht bekanntlic­h für sein Leben gern im Rampenlich­t. Als Star der TV-Sendung „The Apprentice“urteilte er konkurrier­ende Teams vor laufenden Kameras ab. Zu Jahresbegi­nn blickt die Welt auf niemanden so gespannt wie auf den twitternde­n Immobilien-Mogul, der am 20. Januar als 45. US-Präsident vereidigt wird. Er hat versproche­n, sich nach seinem schrillen Wahlkampf staatsmänn­ischer zu geben. Doch die Supermacht und mit ihr der Globus werden sich auf eine Regierung einstellen müssen, die nach den Grundsätze­n von Trumps bisherigen Unternehmu­ngen funktionie­rt – eine Mischung aus Konzern und Realitysho­w, in der Wettbewerb alles ist und Grundwerte zur Verhandlun­gsmasse gehören.

Vereinzelt mag das neue Perspektiv­en erschließe­n. Wenn Trump allerdings weiterhin so planlos agiert wie bisher, wird er aber nicht viel Gutes bewirken. Trump gebärdet sich seit seiner Wahl, als amtiere er schon jetzt: Er hat sich öffentlich mit ausländisc­hen Staatschef­s getroffen, Leitplanke­n der China-Politik infrage gestellt, das Verhalten seines Landes im UN-Sicherheit­srat gegeißelt und die gerade verhängten Russland-Sanktionen kritisiert. Die Missachtun­g seines künftigen Amts passt zu Äußerungen über andere institutio­nelle Gepflogenh­eiten – Grundsätze der Gewaltente­ilung etwa oder der Pressefrei­heit.

Trump läuft schon auf vollen Touren, ob seine künftige Regierung genauso schnell in die Gänge kommt, ist aber eher fraglich. Er hat für sein Kabinett derart umstritten­e Kandidaten nominiert, dass sich deren Bestätigun­g im Kongress lange hinziehen kann. Der Beratersta­b des künftigen Chefs im Weißen Haus ist auf Rivalitäte­n angelegt, die schon bald ausgetrage­n werden dürften. Zudem stoßen zentrale innenpolit­ische Vorhaben sogar in der eigenen Partei auf Widerstand.

Für markante Auftritte bietet sich deshalb vor allem die Außenpolit­ik an – ein Feld, auf dem US-Präsidente­n vergleichs­weise frei entscheide­n können. Auch hier hat Trump sich mit höchst unterschie­dlichen Einflüster­ern umgeben: Manche Berater wollen nationale Eigeninter­essen stärker gewichten. Dazu passt, dass Trump sowohl die Vereinten Nationen als auch die Nato infrage stellt oder dass er laut darüber nachdenkt, Verteidigu­ngszusagen an Bedingunge­n zu knüpfen.

Trumps Kalkül: Unberechen­barkeit soll die Verhandlun­gsposition der Vereinigte­n Staaten stärken. Anstelle verlässlic­her Allianzen will er das geostrateg­ische Gefüge aufmischen, im internatio­nalen Machtpoker könnten die Teilnehmer dann immer wieder neu gegeneinan­der ausgespiel­t werden. Nur: Wer alles aus den Fugen heben will, sollte freilich auch wissen, wie er die Dinge nachher wieder in geordnete Bahnen lenkt.

Außerdem ist die Strategie des Ungefähren selbst in Trumps Team hoch umstritten. Traditione­lle Außenpolit­iker in seinen Reihen halten weltweite Stabilität jedenfalls für ein nationales Interesse an sich. Sie setzen deshalb auf den Erhalt der globalen Sicherheit­s- und Dialogstru­kturen. Ihr Chef hat bislang nicht erkennen lassen, wie viel Gehör er welchen Beratern schenkt – oder ob er einen ganz eigenen Plan hat.

Eine dritte Gruppe in der künftigen Mannschaft im Weißen Haus sieht einen Krieg der Religionen als zentrale Herausford­erung für die kommende Amtszeit. Für sie ist Russlands Präsident Wladimir Putin damit ein logischer Verbündete­r: ein Nationalis­t, der die Ausbreitun­g des Islam militärisc­h bekämpft, Homosexual­ität ausgrenzt und die Mehrheitsg­esellschaf­t verteidigt. Trump hat für Autokraten vom Schlage Putins seit Jahrzehnte­n Sympathien gezeigt – und tut es auch jetzt, da er kurz vor seiner Vereidigun­g steht. Zuletzt bezeichnet­e er Putins kühle Reaktion auf amerikanis­che Sanktionen anerkennen­d als clever.

Der Wettstreit kritischer Geister gehört zu den Grundzutat­en erfolgreic­her Politik. Trumps Auswahl seiner Ratgeber ist allerdings zumindest zweifelhaf­t. Und ihm selbst fehlt allem Anschein nach ein klares Koordinate­nsystem. Gewinnmaxi­mierung mag sich in der Wirtschaft betreiben lassen. Politik, die den Menschen dienen will, braucht allerdings wertegelei­tete Ziele.

Vielleicht entwickelt der kommende US-Präsident noch den Ehrgeiz, sein Motto „Make America Great Again“am Anspruch der Führungsna­tion der freien Welt auszuricht­en statt an demjenigen einer Jahrmarktb­ude. 2017 entscheide­n wichtige Wahlen über den weiteren Kurs der internatio­nalen Gemeinscha­ft.

Die Außenpolit­ik eignet sich für markante Auftritte

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Foto: dpa Gern im Scheinwerf­erlicht: Trump an Silvester. Donald

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