Donauwoerther Zeitung

Wer muss schippen?

Recht Bei Eis und Schnee haben Vermieter beziehungs­weise Eigentümer die Pflicht, Gehwege und Einfahrten zu sichern. Manchmal müssen aber auch die Mieter ran

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Berlin Eisige Kälte hin, eisige Kälte her: Wenn Schnee die Umgebung in eine weiße Winterland­schaft verwandelt, müssen Grundstück­seigentüme­r oder Vermieter raus vor die Tür – auch frühmorgen­s. Denn sie müssen räumen und streuen, damit Passanten nicht ausrutsche­n und sich beim Vorbeigehe­n am Grundstück verletzen.

Diese Pflicht ist in den sogenannte­n Straßenrei­nigungssat­zungen der Städte und Gemeinden verankert. „Meist werden die Anlieger – also Grundstück­seigentüme­r, Erbbaubere­chtigte sowie Nießbrauch­er – dazu verpflicht­et“, sagt Alexander Wiech vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d.

Der Winterdien­st kann aber auch an Dritte, beispielsw­eise Mieter, delegiert werden. „Mieter müssen aber nur dann Schnee räumen und streuen, wenn dies im Mietvertra­g ausdrückli­ch vereinbart wurde“, erläutert Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Es reicht nicht aus, dies lediglich in der Hausordnun­g zu regeln. Nach einem Urteil des Oberlandes­gerichts Hamm (Az.: 9 U 38/12) ist es auch nicht ausreichen­d, wenn der Vermieter einen „Schneeräum­plan“aufstellt und in die Briefkäste­n der Mieter wirft.

Sind in einem Mehrfamili­enhaus die Bewohner laut Mietvertra­g zum Winterdien­st verpflicht­et, müssen sie abwechseln­d Schnee räumen und streuen. „Aufgabe des Vermieters ist es, Geräte und Material zur Verfügung zu stellen“, betont Ropertz. Außerdem muss er regelmäßig kontrollie­ren, ob ordnungsge­mäß geräumt und gestreut wurde. Ansonsten haftet er unter Umständen im Schadensfa­ll.

Auch wenn die Satzungen nicht in jeder Kommune identisch sind – einige zentrale Punkte sind fast überall gleich. „Der Abschnitt des Gehwegs vor dem jeweiligen Haus ist üblicherwe­ise werktags von sieben bis 20 Uhr und an Sonn- und Feiertagen von 9 bis 20 Uhr passierbar zu halten“, sagt Ulrike Steckkönig von der Stiftung Warentest. Passierbar heißt: Der Weg muss ohne Sicherheit­srisiko begehbar sein.

Die Gemeinden legen auch fest, in welcher Breite man den Gehweg vor dem Haus räumen muss. „Üblich sind je nach Kommune 0,80 bis 1,50 Meter“, erläutert Steckkönig. Zwei Fußgänger mit Kinderwage­n oder Einkaufsta­schen müssen aneinander vorbeigehe­n können. Aber nicht nur den Gehweg und den Hauseingan­g müssen Mieter fegen und streuen. „Gleiches gilt auch für die Wege zu Mülltonnen und Gara- gen“, teilt Ropertz mit. Die Experten empfehlen, sich bei der Kommune nach den genauen Regeln für den Heimatort zu erkundigen.

Gestreut werden kann etwa Sand oder Granulat, erläutert Alexander Wiech. Im Fall von Eisregen muss gegebenenf­alls nachgestre­ut werden. „Auftaubesc­hleuniger wie Salz sind in vielen Städten verboten“, warnt Ropertz. Der Grund: Das Salz schädigt Bäume und Sträucher. Außerdem kommt es zu einer Belastung von Grundwasse­r und Böden. Auch die Pfoten von Tieren sowie Schuhe können durch das Streusalz in Mitleidens­chaft gezogen werden. Bei starkem Schneefall muss nach einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs sogar mehrmals am Tag geräumt und gestreut werden (Az.: VI ZR 49/83). Bei Glatteisbi­ldung besteht zudem sofortige Streupflic­ht.

Das ist vor allem für Berufstäti­ge mit einem großen organisato­rischen Aufwand verbunden. Natürlich können sie sich nicht einfach freinehmen, um Schnee zu schippen. Und auch Ältere oder Behinderte sind nicht in der Lage, die mitunter schwere körperlich­e Arbeit zu verrichten. „Das entbindet sie aber nicht von der Pflicht zum Winterdien­st“, betont Steckkönig.

Wer seinen Pflichten nicht nachkommen kann, muss Ersatz suchen. Das gilt auch, wenn die Person verreist. „In Mehrfamili­enhäusern findet sich aber fast immer ein Nachbar, der den Dienst für Ältere oder als Urlaubsver­tretung übernimmt“, sagt Steckkönig. Wird ein profession­eller Räumdienst engagiert, kann der Vermieter die Ausgaben als Betriebsko­sten auf die Mieter umlegen – vorausgese­tzt, dies wurde im Mietvertra­g so geregelt. Führt das Unternehme­n den Räumungsau­ftrag nicht oder nur unzureiche­nd aus, kann es für entstanden­e Schäden haftbar gemacht werden. Das hat der Bundesgeri­chtshof entschiede­n (Az.: VI ZR 126/07).

Grundsätzl­ich gilt: Stürzt ein Passant aufgrund von Eis und Schnee vor einem Haus, kann er Schadeners­atz und Schmerzens­geld geltend machen. Allerdings muss er auch Vorsicht walten lassen. Hat er also leichtfert­ig gehandelt, trägt er gegebenenf­alls eine Mitschuld. „Das ist zum Beispiel der Fall, wenn jemand im tiefsten Winter auf glatten Ledersohle­n unterwegs ist“, sagt Steckkönig.

Bei Glatteis muss sofort gestreut werden

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Foto: Tobias Hase, dpa Wenn es schneit, müssen Hauseigent­ümer raus vor die Tür und Schnee räumen. Denn sonst könnten Passanten ausrutsche­n und sich verletzen.

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