Sechs junge Menschen sterben bei Nebelunfall
Massenkarambolage In der ersten Stunde des neuen Jahres krachen auf der A7 zwischen Kempten und Memmingen bei schlechter Sicht neun Autos und drei Sattelschlepper ineinander. Wie die Kollision geschehen konnte, ist noch unklar
Bad Grönenbach/Woringen Großalarm für die Rettungskräfte im Unterallgäu kurz nach dem Jahreswechsel: Bei dichtem Nebel krachen auf der A7 in Fahrtrichtung Norden zwischen den Anschlussstellen Bad Grönenbach und Woringen kurz vor 1 Uhr mehrere Autos und drei schwere Lastwagen ineinander. Ein nachfolgender 22 Jahre alter Fahrer mit vier jungen Frauen im Auto bemerkt die Unfallstelle nicht mehr rechtzeitig und fährt frontal gegen die auf beiden Fahrspuren stehenden Unfallfahrzeuge. Alle fünf Insassen sind auf der Stelle tot. Auch für einen 23-jährigen Autofahrer, der mit seinem Wagen in einen Sattelschlepper fährt, kommt jede Hilfe zu spät. Bei den Todesopfern handelt es sich neben den beiden Autofahrern aus dem Unterallgäu um drei Frauen im Alter von 17, 18 und 19 Jahren aus dem Raum Unterallgäu/Memmingen. Zudem starb ein 15-jähriges Mädchen aus dem Kreis Neu-Ulm.
Nachdem der Notruf bei der Polizei eingegangen ist, ist die Lage zunächst sehr unübersichtlich. Der Nebel ist ungewöhnlich dicht. Möglicherweise hat der Rauch vom Silvesterfeuerwerk in der kalten, feuchten Luft dazu beigetragen, dass die Sicht noch schlechter geworden ist. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt einer der Einsatzleiter der Integrierten Leitstelle des Bayerischen Roten Kreuzes, Thomas Pfaus. Ein Augenzeuge schildert: „Die Fahrbahnen waren etwas feucht, aber nicht wirklich glatt.“
Die Rettungskräfte gehen zunächst von bis zu 30 Verletzten oder Toten aus, etwa 100 Helfer sind im Einsatz. Acht Verletzte werden in umliegende Krankenhäuser gebracht, fünf Menschen werden ambulant versorgt. Mehrere Mitarbeiter eines Kriseninterventionsteams betreuen Unfallopfer und übernehmen die wohl schlimmste Aufgabe: das Benachrichtigen von Angehörigen der Toten.
Sogar ein Tierarzt ist im Einsatz. Er kümmert sich um zwei verstörte und verletzte Hunde. Die ganze Nacht über arbeiten Sachverständige an der Spurensicherung und der Untersuchung der Unfallursache. Noch ist völlig unklar, wer möglicherweise durch ein Fehlverhalten das Unglück verursacht hat. Laut Polizeisprecher Jürgen Krautwald kann es unter Umständen Wochen dauern, bis der genaue Unfallhergang geklärt ist – wenn das denn überhaupt möglich sein wird. Im Zuge der Ermittlungen wird auch die Frage geklärt werden, ob Unfallbeteiligte unter Alkoholoder Drogeneinfluss standen.
Nach Angaben der Polizei ist es nicht ungewöhnlich, dass auch in einer Nacht zum Sonntag schwere Lkw auf deutschen Autobahnen unterwegs sind. Es gebe immer Fahrzeuge, die mit Sondererlaubnis fahren dürfen. Zwei der beteiligten Lkw waren in Rumänien und Serbien, ein weiterer im Allgäu zugelassen. An der Unfallstelle gilt die Richtgeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde. „Generell muss aber immer den Witterungs- und Straßenverhältnissen entsprechend gefahren werden“, sagt Krautwald. Bei Nebel mit Sichtweiten unter 50 Metern beispielsweise gilt Tempo 50.
Die Nachricht von der Massenkarambolage und dem Tod der jungen Leute sorgte gestern in weiten Teilen der Region für Entsetzen. Erst Ende November waren in Markt Rettenbach vier Jugendliche ums Leben gekommen, als ein mit fünf Personen besetzter Wagen gegen einen Baum prallte.
Die A7 war am Neujahrstag nach Abschluss der Bergungsarbeiten und den Untersuchungen zur Unfallursache erst gegen 15 Uhr wieder befahrbar.