Nicht zu schnell zum Alltag zurückkehren ...
Anschlag Nach dem Überfall auf einen Nachtklub in Istanbul zeigt sich die hiesige türkische Gemeinde entsetzt
Donauwörth Seit 42 Jahren ist sie in Donauwörth zu Hause. Ihr Herz schlägt aber auch für ihr Heimatland. Aufgewachsen in der Türkei ist Güler Altunay entsetzt über die Welle der Gewalt zwischen Bosporus und Mittelmeer. „Wir leben ständig in Sorge und Angst“, sagt sie. Der jüngste Terroranschlag auf einen Nachtklub in Istanbul hat das Entsetzen noch verstärkt. „Das ist wie ein Schlag ins Gesicht“, sagt die Frau.
Erst vor wenigen Monaten hat Altunay bei einem schrecklichen Attentat in Ankara einen Verwandten verloren. Wie in Istanbul hatte es auch damals zahlreiche Tote und Verletzte gegeben. Die Angestellte würde sich wünschen, dass die Anteilnahme ihrer deutschen Mitbürger nach solchen Attacken wie in der Silvesternacht in Istanbul größer wäre. „Nach den Anschlägen in Paris waren alle ins Herz getroffen“, sagt sie, „bei Attentaten in der Türkei gehen leider viele zu schnell zum Alltag über.“
Den Heimaturlaub an der Schwarzmeerküste, wo sie ihre Kindheit verbracht hat, wollen sie und ihr Mann sich aber nicht nehmen lassen. Alle zwei Jahre fliegen sie in die Türkei. Auch Ayhan Matkap besucht regelmäßig sein Heimatland, seinen Vater und die Familie. Der Donauwörther zeigt sich nach den jüngsten Vorfällen und der neuerlichen Attacke in Istanbul „entsetzt und erschüttert“. Er mache sich schon länger Gedanken darüber, was der Grund für die Unruhe und die Probleme der verschiedenen Ethnien in der Türkei sein könnte. „Das gegenseitige Vertrauen ist verloren gegangen“, meint Matkap, der aus Antakya nahe der Grenze zu Syrien stammt. „Bei uns Türken gibt es derzeit kein anderes Thema“, berichtet Matkap nach dem Anschlag auf den Nachtklub, für den die Terrorgruppe des Islamischen Staates (IS) mittlerweile die Verantwortung übernommen hat. Er, Matkap, werde das nächste Mal noch mehr „mit gemischten Gefühlen“in die Türkei reisen.
Vergleich mit dem Osmanischen Reich
Frei von der Leber äußert sich Akin Kalkan. Der Donauwörther hat als Deutscher, weil hier geboren, keine Repressalien zu befürchten. Auch reist er nicht mehr in die Türkei. Natürlich hätten ihn die Meldungen getroffen, aber mittlerweile sei er abgehärtet. Er sieht in dem Terroranschlag „Auswirkungen des derzeitigen politischen Kurses“. Die Führung des Heimatlandes seines Vaters werde immer mehr, „wie dies im Osmanischen Reich der Fall war“. Verwunderlich sei es jedenfalls für ihn, dass vor dem Nachtklub nur ein Polizist positioniert war, wo doch in der Silvesternacht nach Vorwarnungen in Istanbul Tausende von Sicherheitskräften im Einsatz gewesen seien.
Einige der von der DZ befragten, in Nordschwaben lebende Türken, teilweise mit doppelter Staatsbürgerschaft, wollten sich nicht öffentlich äußern. Sie haben Angst, dass jede Meinung in ihrer Heimat gegen sie oder die Angehörigen verwendet werden könnte.