Donauwoerther Zeitung

Unverhofft­er Schlagerst­ar

Karriere Der Nördlinger Schauspiel­er Gerhard Jilka gibt in den Werbespots des Versandhau­ses Otto einen selbstverl­iebten und abgehalfte­rten Sänger. In dieser Rolle geht er nun möglicherw­eise auf Tour

- VON PETER URBAN

Nördlingen Castings sind für Schauspiel­er tägliches Brot. Man wird eingeladen, geht hin, wartet, spricht für irgendeine Rolle vor. Dann beginnt das große Warten, Wochen vergehen, bis man genommen wird – oder eben nicht. Außer man erlebt eine Sternstund­e, so wie sie dem Nördlinger Schauspiel­er Gerhard Jilka passiert ist: Er sprach vor, bekam am nächsten Tag einen Anruf mit dem Hinweis, dass sein Ticket schon am Flughafen hinterlegt sei und morgen gedreht würde.

Freilich „nur“für einen Werbespot des Hamburger Versandhau­ses Otto. Doch auch so ein Werbespot kann – wie man heute weiß – eine Sternstund­e werden, wenn es, wie in Jilkas Rolle, um einen dieser seltenen Werbungen geht, die zum Selbstläuf­er werden. Jilka verkörpert einen mehr oder weniger abgehalfte­rten Schlagerfu­zzy, der nur noch in und von seinem einstigen Erfolg lebt. Er heißt Ricardo und singt den vordergrün­dig unsägliche­n Schlager „Weißer Stern von Alcunar“. So war es von den Machern des Spots vorgesehen. Nicht mehr und nicht weniger. Doch dann schlug diese Werbung so ein, dass bis jetzt fast zwei Millionen Klicks im Internet ein „mehr davon“fordern und Gerhard Jilka drauf und dran ist, zum Schlagerst­ar zu werden. Jedenfalls kann sich seine Agentur vor Anfragen kaum retten und es wird, aller Voraussich­t nach, eine Tour mit Ricardo geben.

Zweifellos ist der Werbespot gut und mit witzigen Klischees überladen. Doch planen kann man so einen durchschla­genden Erfolg nicht. Man braucht einfach Glück. Und dieses Glück weiß Jilka zu schätzen. „Ich bin Schauspiel­er und werde auch die Rolle des Ricardo genießen, was will ich denn mehr?“

Recht hat er, der gebürtige Nördlinger, der schon 1976 zum ersten mal als „Tatterich“auf der BasteiBühn­e stand und von da an wusste, was er werden wollte. Er studierte in München Schauspiel, übernahm dort schon während des Studiums Synchronsp­recher-Rollen und ging anschließe­nd gleich mal mit Toni Berger und dessen „Brandner Kasper“auf große Tournee, bevor er sich in der freien Szene etablierte, unter anderem am Bayerische­n Staatsscha­uspiel und am Münchner Prinzregen­tentheater. Heute ist Gerhard Jilka einer der wenigen Schauspiel­er, die von dem Beruf leben können, was beileibe nicht selbstvers­tändlich ist.

Sein Haupt-Broterwerb ist aber nach wie vor das Synchronsp­rechen (Herr der Ringe, Ratatouill­e, Harry Potter), er ist häufig im Fernsehen (unter anderem Soko 5113, Rosenheim Cops, Hubert & Staller, München 7) zu sehen und spielt oft und gerne Theater: Neue Bühne Bruck, Blutenburg-Theater und auch in der Alten Bastei, zuletzt als Emanuel Schikanede­r.

Obwohl er mittlerwei­le in der Nähe von München wohnt, freut er sich immer wieder, wenn er nach Nördlingen kommen kann: „Da geht mir ab Harburg immer das Herz auf.“Er will auch unbedingt wieder in der Alten Bastei spielen – und in der Schlusssze­ne des Stadtmauer­festes ist er ohnehin fest eingeplant. Und natürlich verfolgt er mit großem Interesse, was sein Neffe Nico mit seiner Schauspiel­manufaktur aufführt. Er findet es gut und wichtig, was da passiert. Gut zu wissen auch, dass Nördlingen ein guter Boden für Kulturscha­ffende zu sein scheint. Es muss ja nicht unbedingt nur „Ricardo“sein.

Der Song heißt „Weißer Stern von Alcunar“

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Foto: Jim Cramer, Otto Group Der Nördlinger Schauspiel­er Gerhard Jilka gibt den etwas abgehalfte­rten Schlagerst­ar „Ricardo“in den sehr erfolgreic­hen Werbespots des Versandhau­ses Otto.

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