Von wegen entgeistert
Klausur Die CSU verlässt Kreuth – den berühmten Geist nimmt sie mit
München Mit Geistern ist es so eine Sache. Es gibt gute und böse, von denen man wahlweise verlassen, beseelt oder besessen sein kann. Und dann gibt es noch diese ganz besondere, bayerische Geistergeschichte: Weit hinten im Tegernseer Tal suchte seit rund 40 Jahren regelmäßig der Kreuther Geist die CSU heim. Gesehen hat diesen (guten oder bösen?) Geist noch niemand. Aber Jahr für Jahr zu den Klausurtagungen der Bundes- und der Landtagsabgeordneten tauchte er wieder auf – wenn auch vorzugsweise in Geschichten von den Journalisten, denen die CSU bis heute ein Mysterium geblieben ist.
In diesem Januar muss die CSU erstmals seit Jahrzehnten ohne den Kreuther Geist klarkommen. Die Landesgruppe trifft sich diese Woche in Kloster Seeon am Chiemsee, die Landtagsfraktion übernächste Woche im oberfränkischen Kloster Banz. Erzwungen wurde der Ortswechsel durch den geplanten Umbau von Wildbad Kreuth in ein Hotel. Rein praktisch bedeutet das zunächst nur den Verlust einer einzigartigen Kulisse für die politischen Botschaften der CSU zum Jahresauftakt. Ob dabei auch der Mythos Schaden nimmt? Der Kreuther Geist, dessen erste Erscheinung mit dem legendären Trennungsbeschluss der CSU aus dem Jahr 1976 in Verbindung gebracht wird, scheint jedenfalls wacher denn je. Damals war es Franz Josef Strauß, der gegen die CDU polterte und drohte. Jetzt ist es Horst Seehofer, der seine Partei auf Konfrontationskurs zur CDU gebracht hat. Bei Schiller heißt es: „Da rufen sie den Geist an in der Noth und grauet ihnen gleich, wenn er sich zeigt.“Ob Seehofer die Geister, die er rief, auch wieder los wird? Was die CSU-Landesgruppe in Seeon plant, lesen Sie in einem Interview mit Gerda Hasselfeldt in der Politik.